2009-11-29
Impressum: Arne Arotnow – Postfach 200641 – 45636 Recklinghausen – Arotnow@web.de – Fax: +4932221201979

 

Herzlich willkommen! Ich habe auf dieser Seite die meisten Gedichte, Sprüche und Aphorismen aufgeführt, die ich seit 1991 verfasst habe. Mein besonderer Dank gilt Gerlinde Schmüser, die auf ihrer Internetseite http://www.traumland-der-poesie.de/ einige meiner Texte optisch besonders schön illustriert hat.

 

 

ALPHABETISCHES GEDICHTEVERZEICHNIS:

 

Alltagstrott (Montagsgedicht)
Anschlag von Neonazis vereitelt
Attitude to Life
Aufzug oder Treppe
Auge und Herz
Augenblicke
Bittere Schuld
Böse Gedanken
Bücher für Säue
DDR-Haiku
Denken statt grübeln
Der Erdtrabant
Der freie Wille
Der Frühling ist gekommen
Der jüngste Tag
Der notwendige Fehler
Der schönste Tag im Leben
Der vom Rochen gestochene Jochen
Der Weg ist das Ziel
Der Zeigefinger und die anderen drei
Der Zwang zum Glück
Die Blume am Wegesrand
Die Frau im Meer
Die kleine Melodie (von Elfie Nadolny)
Die Malerin und ihr Bild
Die Sonne
Die Sterntaler
Die Tante von der Börse
Die vier Elemente
Eigene Wege
Ein Traum (Vögelein)
Erfolgssucht
Erstrebenwerte Geschmacksverirrung
Europa
Ewige Kinder der Sterne
Ewige Spuren
Expansion
Frühling im März
Geben und nicht nehmen
Gespräch mit Herrn Winter
Gewichtige Weihnacht
Glück und Optimismus
Großes Lob an Jürgen Domian
Gute und schlechte Freunde
Gütige Hilfe
Hänsel und Gretel
Hassgeliebtes deutsches Vaterland
Heiraten
Himmel und Hölle
Hohe Erwartungen
Ich bin kein moderner Lyriker
Ich möchte
Irrenanstalt
Jägerschützen und Schürzenjäger
Jahreszeiten
Kleiner Muttertagsgruß
Kontaktanzeige einer Frau
Kostbarer Augenblick
Kümmel gegen Schluckauf
Lange an Wangen prangende Schlangen
Lass dir nichts einreden
Lebenseinstellung
Lebenseinstellung (Neufassung)
Leistung
Lieber Liebe ohne Triebe als Triebe ohne Liebe
Lottogewinn
Mehr als nur Triebe
Mehr Freude durch wenig Leid
Mehr sein als haben
Menschlicher Mond
Mit zweierlei Maß
Mondscheingedicht
Neuer Beginn
Niemals aufgeben
Nostradarnus’ Prophezeiungen
Nur ein mm²
Ohne dich
Scheiben einschmeißende Glaser und Ähnliches
Scherz und Schmerz
Schöner Herbst, trauriger Herbst
Selber spüren
Sich ändern
SKT
Stimme gegen Schlimmes
Strandfantasien
Tot und nicht geboren sein
Trügerisches Internet
Überraschungen
Unabänderliche Tatsachen
Unerwerblicher Sinn
Unsterblichkeiten
Unterflächlichkeit
Unverlorene Seele
Unverstandene Kunst
Vermehrung des Glücks
VHS-Gag
Vielen Dank für alles
Wahre Worte und schöne Worte
Wahrheit und Lichtgeschwindigkeit
Was Feinde gerne hätten
Wir harmonieren perfekt
Wünsche für die Welt
Zehn große Politiker
Zehn schöne Models
Zeit ist keine Medizin

 

 

Die kleine Melodie

 

Heimlich still und leise
Spielt nach alter Weise

Eine kleine Melodie
Und die vergess ich nie

Sie spielt mir aus der Kinderzeit
Da gab es Kummer nicht und Streit

Diese kleine Weise
Hör ich noch ganz leise

Mitten in der Nacht
Bin ich aufgewacht

Glaub ich bin daheim
Dort werd ich immer sein


♪♪♪ Elfie Nadolny (* 1954)

 

Ich bedanke mich bei Elfie Nadolny dafür, dass ich ihr Gedicht hier veröffentlichen darf. Näheres zu ihr findet man auf ihrer Homepage http://www.inselchen.com/.

 

 

Irrenanstalt

 

Wäre die ganze Welt eine Irrenanstalt, würde man den Unterschied nicht bemerken.

 

 

Ewige Kinder der Sterne

 

Aus Sternenstaub geboren,
aus Atomen und Energie,
geht nichts von uns verloren
und vergehen werden wir nie.

 

 

Großes Lob an Jürgen Domian

 

Wer hört sich unsre Sorgen an?
Natürlich Jürgen Domian!
Befällt uns mal ein schlimmer Kummer,
so wählen gern wir seine Nummer.
Er macht uns Menschen ständig Mut
und seine Stimme tut uns gut.
Des Jürgens Meinung ist uns wichtig,
denn stets sieht er die Dinge richtig.
Für seine große Empathie
gebührt ihm unsre Sympathie.
Der Jürgen ist ein sehr Gescheiter
und hilft den Leuten gerne weiter.
Wärn alle Menschen so wie er,
wär unser Leben gar nicht schwer.
Er schenkt uns eine Stunde täglich
und macht es so für uns erträglich.
Er ist ein großer Philanthrop
und erntet dafür unser Lob.
Er sagt uns immer nur die Wahrheit
und sorgt mit seinem Rat für Klarheit.
Er ist ein Hüter der Moral
und dennoch äußerst liberal.
Kein Thema ist bei ihm verboten,
auch nicht Bizarres oder Schoten.
Er kämpft für Recht und Toleranz
und ächtet Hass und Ignoranz.
Bescheiden ist er stets geblieben;
auch deshalb müssen wir ihn lieben.
Der Jürgen ist ein Spitzenmann,
man nehme sich ein Beispiel dran!

 

Jürgen Domian (geboren 1957) moderiert seit April 1995 die nach ihm benannte Telefontalkshow »Domian«, die sowohl im Fernsehen im WDR als auch im Radio bei Eins Live zu empfangen ist. Fünfmal in der Woche von Dienstag bis Samstag sitzt er mitten in der Nacht von ein bis zwei Uhr in seinem kleinen Studio in Köln und spricht mit anonymen Anrufern, welche die kostenfreie Telefonnummer 0800 220 5050 gewählt haben, über deren Probleme oder auch über allgemeine Themen des öffentlichen Lebens. Nur am Donnerstag gibt es zurzeit ein kurzfristig festgelegtes Thema, zu dem sich seine Anrufer äußern können. Im Jahre 2003 wurde Jürgen Domian für seine Leistungen mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Bitte noch weitere 15 Jahre, lieber Jürgen! (Glückwunsch vom 12. April 2010)

 

 

Gütige Hilfe

 

Hilf gütig andern
aus der Not –
mit dir sie wandern
bis zum Tod.

 

 

Eigene Wege

 

Auf dem Trampelpfad als simpler Wanderer
übernimmt man gern Gedanken anderer.
Es hat schon Besseres einem eingebracht,
hat man auf eigenen Wegen nachgedacht.

 

 

Der Weg ist das Ziel

 

Es bleibt die lahme Schnecke
nur scheinbar auf der Strecke.
Das Eilen ist für sie kein Muss –
o welch Gedanke, welch Genuss!

 

 

Trügerisches Internet

 

Das Netz ist häufig sehr gefährlich,
denn viele Surfer sind nicht ehrlich.
So manche lauern hinter dem PC
und aus dem Dunkeln tun sie andern weh.
Man trifft schnell Menschen jeder Sorte
und viele schreiben schöne Worte.
Im Netz kann jeder alles tun und sein,
doch häufig trügt berauschend nur der Schein.
Es eignet gut sich fürs Betrügen,
denn rot wird nie ein Wort beim Lügen.
So vieles wirkt hier hübsch und richtig echt
und ist in Wahrheit mies und gänzlich schlecht.
Man kann recht leicht ins Netz gelangen,
bleibt oft jedoch sehr lang gefangen.
So finden viele nicht den Weg zurück,
denn hier im Netz, da winkt das große Glück!
So manche suchen hier die Liebe
und oft bekommt die Seele Hiebe.
Man sucht und sucht und sucht nach Perfektion
und sinkt hinab im Sumpf der Illusion.
Man kann dem Irrtum schnell erliegen,
ein jeder könnt hier alles kriegen.
Es sieht so aus, als hätte man die Wahl,
doch meistens wird’s für Surfer bloß zur Qual.
Wie schnell trifft man aus dieser Meute
auf scheinbar tolle, edle Leute!
Und alles Freunde, könnt man meinen,
doch hat man hier real nicht einen.
Der eine oder andre wirkt adrett,
und was er schreibt, das klingt ganz gut und nett.
Doch kann man nicht noch Bessres finden,
wenn man bereit ist, sich zu schinden?
So sucht man mehr und mehr und immer mehr
und tut sich letzten Endes nur noch schwer.
Hat man zum Schreiben wen gefunden,
ist irgendwann der Mensch verschwunden.
Wie schön warn seine Worte und sein Bild,
doch die Begierde wurde nie gestillt.
Man durfte sich geliebt schon wähnen,
doch plötzlich fließen nur die Tränen.
Und dieser Mensch war nur im Geiste da
und nie real dem eignen Körper nah.
Doch möchte man nicht gleich verzagen
und will es auf ein Neues wagen:
Auch andre Surfer wirken sehr charmant
und schreiben süße Worte recht gewandt.
Man will das nicht im Netz verpassen
und kann es einfach nicht mehr lassen.

 

 

Kontaktanzeige einer Frau

 

Du bist der reinste Traum von einem Mann
und machst mich einfach richtig tierisch an.
Du stehst mit beiden Beinen fest im Leben
und strauchelst nicht einmal bei einem Beben.
Du hast natürlich keine Altlasten
und brauchst als Kumpel nie ’nen Bierkasten.
Du liegst den Eltern nicht mehr auf der Tasche
und bist auf keinen Fall ’ne riesengroße Flasche.
Du bist gescheit, am besten auch studiert,
und insbesondre sehr gut situiert.
Du bist im Klub der reichsten Millionäre
und suchst nicht nur ’ne Frau für ’ne Affäre.
Du bist ein richtig großer Superstar
und selbstverständlich mehr als vorzeigbar.
Du spielst Klavier, Gitarre sowie Flöte
und schreibst gekonnt Gedichte wie einst Goethe.
Du tust beim Tanz dich überhaupt nicht schwer
und bist so elegant wie Fred Astaire.
Du unterhältst mich oft mit Superwitzen
und strotzt nur so vor lauter Geistesblitzen.
Du hast sowohl IQ als auch EQ
und hörst mir gerne und geduldig zu.
Du bist vom Look her voll und ganz ästhetisch
und selbstverständlich auch total athletisch.
Du bist von Kopf bis Fuß extrem gepflegt
und weißt genau, was eine Frau erregt.
Du bist kein kleiner, dürrer Miesepeter
und misst schon mehr als achtzehn Dezimeter.
Du schmückst dich nicht mit Brille, Bauch und Bart
und bist auf deinem Rücken nicht behaart.
Du weißt mich äußerst prickelnd zu berühren
und lässt dich immer nur von mir verführen.
Du hast mondänen Charme sowie Maniern
und selbstverständlich Herz, Humor und Hirn.
Du würdest niemals mich gemein betrügen
und nicht einmal ein bisschen mich belügen.
Du bist der Mann, der mich auf Händen trägt
und mir die ganze Welt zu Füßen legt.
Du läufst für mich auch barfuß über Scherben
und wärst sogar bereit, für mich zu sterben.
Du stillst mir alle Wünsche nicht zu knapp
und liest sie mir von meinen Augen ab.
Du gibst mir morgens Geld für neue Schuhe
und lässt mich bis zum Abend dann in Ruhe.
Du bist ein richtig großer Zampano
und wohnst, wie’s sich gehört, im Bungalow.
Du bist der Mann, den alle Frauen wollen,
und bist der allertollste von den tollen.
Du bist so ’n Typ, der alles hat und kann,
und bist vor allem der perfekte Mann.

 

 

Himmel und Hölle

 

Kein Mensch es wirklich weiß,
ob wer im Himmel singt.
Gewiss ist nur, dass heiß
(auf Erd’ ist der Beweis)
manch Hölle Leiden bringt.

 

 

Tot und nicht geboren sein

 

Vielleicht ist tot sein so
wie noch nicht geboren sein
und macht so manche froh,
denen droht die Höllenpein.

 

 

Der notwendige Fehler

 

Was du für einen Fehler hälst,
kann trotzdem manchmal sinnvoll sein;
selbst wenn du schnell ein Urteil fällst –
so prüfe dies im Nachhinein.

 

 

Niemals aufgeben

 

Bleibe niemals liegen,
wenn du dich am Boden wälzt.
Einmal wirst du siegen,
wenn du nur dagegenhältst.

 

Illustration von Gerlinde Schmüser

 

 

Glück und Optimismus

 

Das Glück verhält sich wie ein Optimist
und kommt oft zu dem, der am Lachen ist.

 

 

Jahreszeiten

 

Wohlig wärmen Winterherde.
Wieder wackeln Weihnachtsglocken.
Wallend wirbeln Wolkenflocken –
weißlich werde Wiesenerde!

 

Fruchtbar färben Frühlingsregen.
Falter fluten Frühjahrslüfte.
Frohmut feiert Freudendüfte.
Freude, Freude, Florasegen!

 

Strahlend schön sind Sommertage.
Seelen spüren Siedehitze.
Schwitzend strotzen Sonnenblitze.
Schmerzlich surrt stets Stecherplage.

 

Heftig heulen Herbstunwetter.
Herzen hassen Himmelstrauer.
Häufig harren Hadesschauer.
Herren hacken Heizungsbretter.

 

Illustration von Gerlinde Schmüser

 

 

Lebenseinstellung

 

Mach dir keine Sorgen.
Gönn das Glück des Lebens dir.
Denke nicht an morgen.
Lebe nur im Jetzt und Hier.

 

 

Vermehrung des Glücks

 

Vermehrt das bisschen Glück,
das euch ereilt,
indem ihr’s Stück für Stück
mit andern teilt!

 

 

Alltagstrott

 

Lieber Gott,
so hilf mir doch
bei dem Trott
in dieser Woch’!

 

 

Der Zwang zum Glück

 

Wer ’s Glück verbissen sucht,
der schlägt es in die Flucht.
Wer jammernd dabei flucht,
der krankt an einer Sucht.

 

 

Auge und Herz

 

Unser Auge dient dem Sehen,
doch nicht selten schaut es gierig.
Unser Herz nur kann verstehen,
doch zu sehn mit ihm ist schwierig.

 

 

Wünsche für die Welt

 

Ich wünsch mir für die Welt,
dass der, der was verspricht,
sich immer daran hält
und kein Versprechen bricht.

 

Ich wünsch mir für die Welt,
dass jedes edle Wort,
das hin und wieder fällt,
zu Taten wird sofort.

 

Ich wünsch mir für die Welt,
dass niemand mehr betrügt
und keiner sich verstellt,
indem er ständig lügt.

 

Ich wünsch mir für die Welt,
dass nur die Liebe zählt
und nicht das schnöde Geld,
das nur die Menschen quält.

 

Ich wünsch mir für die Welt,
dass endlich Frieden ist
und jeder sich verhält
wie ’n Mensch und Pazifist.

 

Ich wünsch mir für die Welt,
dass jedes Erdenkind
genügend Brot erhält,
weil Kinder Zukunft sind.

 

Ich wünsch mir für die Welt,
dass man aus Fehlern lernt
und Müll, der sie befällt,
nun endlich mal entfernt.

 

Ich wünsch mir für die Welt,
dass alle doch verstehn,
dass sie demnächst zerfällt,
wird bald nicht was geschehn.

 

Ich wünsch mir für die Welt,
dass niemals sie vergeht
und keiner sie entstellt,
denn eine nur besteht.

 

Ich wünsch mir für die Welt
und auch für euch viel Glück.
Ich wünsch mir von der Welt
auch mir davon ein Stück.

 

Illustration von Gerlinde Schmüser

 

 

Lass dir nichts einreden

 

Lass dir nicht einreden, dass du nichts wert bist,
weil du nicht schön bist.
Lass dir nicht einreden, dass du nichts wert bist,
weil du kein Geld hast.
Lass dir nicht einreden, dass du nichts wert bist,
weil du nicht schlau bist.
Lass dir nicht einreden, dass du nichts wert bist,
weil du keine Freunde hast.
Lass dir nicht einreden, dass du nichts wert bist,
weil du krank bist.
Die Leute, die das denken, sind nichts wert.

 

 

Augenblicke

 

Wenn ich in deine Augen blicke –
Augenblicke gibt es schönre nicht.
Liebe macht uns ziehn an einem Stricke
und Liebesnacht uns leucht’ ein großes Licht.

 

 

Böse Gedanken

 

Böse Gedanken –
lass sie nicht zu.
Auch nicht das Zanken –
so hast du Ruh.

 

 

Wahrheit und Lichtgeschwindigkeit

 

Weswegen gleicht die Wahrheit
der Geschwindigkeit vom Licht? –
Sosehr man wünscht sich Klarheit,
man erreicht sie ganz wohl nicht.

 

 

Selber spüren

 

Die Menschen können viel erzählen,
wie sehr sie schlimme Dinge quälen.
Am meisten wird es uns berühren,
wenn wir’s am eignen Leibe spüren.

 

 

Mehr Freude durch wenig Leid

 

Statt daran zu leiden,
sich nicht am wen’gen zu erfreuen,
sollte man sich freuen,
nicht oft das Schlimme zu erleiden.

 

 

Bittere Schuld

 

Die Schuld ist eine Torte,
die der Bäcker nie vergisst.
Sie ist von einer Sorte,
von der niemand gerne isst.

 

 

Bücher für Säue

 

Nicht wundern man sich darf,
wenn Bücher für die Säue,
vor welche man sie warf,
nicht fördern ihre Schläue.

 

 

Überraschungen

 

Denk dran, wenn du wanders’,
wohin’s auch stets dich drängt:
Erstens kommt es anders
und drittens, als man denkt.

 

 

Der Erdtrabant

 

Zu denken man oft neigt,
er sei des Mensch’ Kopie,
denn er genauso zeigt
die dunkle Seite nie.

 

Er ist ein großer Stein
und kurvt seit Ewigkeit.
Sein Licht ist nur ein Schein,
den ihm die Sonne leiht.

 

Er ist ein Freund der Erd’
und schenkt ihr treu Geleit.
Sein Gelb sich füllt und leert
im regen Takt der Zeit.

 

Er hebt das Meer zur Flut,
er senkt zur Ebbe es;
wenn schimmernd er drauf ruht,
dann gibt’s kaum Schöneres.

 

Sein voller Schein oft bringt
zum Wallen manches Blut.
Romantisch er beschwingt
des Malers frohen Mut.

 

Zu ihm, da blickt man gern
und fühlt sich dabei frei.
So nah und doch so fern
zieht friedlich er vorbei.

 

Er schleicht mit Stetigkeit
in Zyklen stumm dahin.
Er kreist in Ewigkeit
und Ende ist Beginn.

 

 

Mondscheingedicht

 

Du hast mich wieder um den Schlaf gebracht
und doch bist du der gute Vollmond nicht.
Du bist wie er von allerschönster Pracht,
doch leider übt mein banges Herz Verzicht.
Ich sage diese Worte mit Bedacht,
ich sprech im Kerzenschein nun dies Gedicht
und reinen Herzens bet ich zu der Macht,
die meinem Flehen hoffentlich entspricht.
Vom heil’gen Vollmond werde es vollbracht,
so bin ich bald bei dir ganz nah und dicht,
damit mein Antlitz bald vor Freude lacht
beim nächsten Mondenschein in dein Gesicht.
Mein Herz verlangt nach dir in stiller Nacht;
vom Mond beschienen send ich dir ein Licht,
sodass die Sehnsucht auch in dir erwacht,
damit nicht schmerzend bald mein Herz zerbricht.

 

 

Die Blume am Wegesrand

 

Du stehst so nah bei meinen Füßen –
so will ich dich ganz herzlich grüßen.
Gediehest du im satten Blumenhain,
so könnte keine Blume schöner sein.
Was brächt es mir, wenn ich mich bückte
und dich begierig einfach pflückte?
Du spürtest leidvoll diesen einen Ruck
und stürbest bald als meines Heimes Schmuck.
Du schenkst mir bloß ein paar Sekunden,
doch bleib ich stets mit dir verbunden.
Ich danke dir und sag Auf Wiedersehn
und hoff, du wirst noch lang im Winde wehn.

 

 

Gespräch mit Herrn Winter

 

Ach Winter, lass mich dich nun fragen:
Warum nur musst du mich so plagen?
Ja siehst du’s nicht? Ich bin kein Pinguin
und kann wie ’n Vogel nicht gen Süden ziehn.
Verschone mich mit deinen Übeln
und lass mich nicht mehr länger grübeln!
Obwohl du weißt, dass keiner dich bestellt,
bezahlt man doch mit Mühen, Zeit und Geld.
Du magst derselbe sein wie immer,
doch sieh mich an – ich bin es nimmer!
Ich kämpfe gegen dich auch dieses Mal
mit Stiefeln, Mütze, Schaufel, Salz und Schal.
Ich kann dich nicht mehr länger sehen –
es wird nun Zeit für dich zu gehen.
Ich wünsch mir so, dass bald Herr Frühling naht,
dann ist’s vorbei mit minus Stalingrad.
Dann ringt er zärtlich dich ganz nieder
und Vögel singen seine Lieder.
Ach Winter, schleich dich fort und halte still,
bis wir uns wiedersehn – so Gott es will!

 

 

Der Frühling ist gekommen

 

Der Lenz ist da und füllt die Lüfte
mit frischem Hauch der schönsten Düfte.
Wie zaubernd neu das Land mit Grün bedeckt –
der Lenz! Er hat das Leben auferweckt.

 

Wenn Vögel reger wieder singen,
spornt an der Lenz zu neuen Dingen.
Wohl dem, der zarte Bande knüpfen kann,
den doppelt lacht die Frühlingssonne an.

 

 

Der vom Rochen gestochene Jochen

 

Jochen wollte einen Rochen kochen.
Er hatte sich dies vorgenommen seit Wochen.
Er hatte nämlich seiner Frau versprochen,
im Meere zu fischen – und zwar einen Rochen.
Da wurde Jochen im Boot vom Rochen gestochen.
Er zog den Stachel heraus und hat ihn zerbrochen.
Jochen wurde wütend und sagte zum Rochen:
»Zur Strafe werd ich dich kochen.«
Der Rochen röchelte und blickte zu Jochen.
Der Rochen sagte: »Ich habe doch nichts verbrochen.« –
»Doch«, sagte Jochen, »du hast mich gestochen.«
Das Herz des Rochen hörte dann auf zu pochen.
Unter Schmerzen ist Jochen mit dem Rochen an Land gekrochen.
Zu seiner Frau sagte er: »Der Rochen hat mich gestochen.
Ich muss zum Arzt, bevor wir den Rochen kochen.« –
»Kommt nicht in Frage«, sagte sie, »erst kochen wir den Rochen.«
Sie war Polizistin und wollte den Jochen ständig unterjochen.
Die beiden rochen am Rochen und taten ihn dann kochen.
Jochen war schon schlecht und aß mit ihr den Rochen.
Da hat er plötzlich auf ihren Schoß gebrochen
und blamiert war er bis auf die Knochen.
Sie war wütend auf Jochen und wollte ihn sogar einlochen –
den Jochen.

 

 

Die Tante von der Börse

 

Ich will nichts verhehlen.
Dow Jones und DAX gesunken.
Im Etat klaffen Lücken.
Woher nehmen und nicht stehlen.
Wirtschaftsweisen unken.
Ratingagenturen und ihre Tücken.
Investoren fehlen.
Notenbankchefs betrunken.
Aktionäre springen von Brücken.

Guten Abend.

 

 

Unerwerblicher Sinn

 

Man kann für Geld sich vieles kaufen.
Ob Gold nun, Silber oder Zinn
gestapelt wird auf einen Haufen –
für Geld bekommt man keinen Sinn.

 

 

Der freie Wille

 

Niemand kann die Pläne planen,
die unserm Hirn geschwind entrücken.
Manchmal weist das Los uns Bahnen,
auf denen wir nicht oft entzücken.

 

Unsers Glückes Schmied sind Wellen,
die schäumen zwischen unsern Ohren.
Sie sind’s, die ein Urteil fällen;
aus unserm Ich wird nichts geboren.

 

Wellen lassen ’s Ich erbeben
und unser Ich in Täuschung schwanken.
Frei will unser Wille streben,
doch ohne Plan sind stets Gedanken.

 

Wellen lenken unsern Willen;
wir können nichts aus uns entscheiden.
Wellen wirken zwar im Stillen,
doch können wir sie nicht vermeiden.

 

 

Sich ändern

 

Einen Ruck sich zu geben,
um ganz anders zu werden,
ist das Schwerste im Leben,
wohl das Schwerste auf Erden.

 

 

Leistung

 

Wir werden letztlich nur bestehen,
indem wir lernen und verstehen.
Wir können Leistung nicht erflehen,
denn nur der Fleiß lässt sie entstehen.

 

 

Die Frau im Meer

 

Ich glaube, dass ich einsam bin.
Niemals lügt, wer dieses spürt.
Allein im Traum flieg ich dahin,
der in Seelenqual mich rührt.

 

Ich wollt, es gäbe einen Weg,
der mir das Glück verheißt,
und gleich dem langen, dunklen Steg
schon bald ins Meer mich reißt.

 

Ich weiß, sie weilt schon ewig lang
dort – am Horizont so fern.
Und singt mit süßem, goldnem Klang.
Weiter noch – als wär’s ein Stern.

 

Ich schwebe auf sie zu in Gier,
doch schwimmt sie stets hinfort
und fragt mich: »Was nur will er mir?
Der flehend nur verdorrt.«

 

Ach, wenn ich sie nur fassen könnt,
jemals nur berühren dürft.
Doch nichts davon mir sei vergönnt.
Mir, der nur aus Träumen schlürft.

 

Sie weilt gleich einer Meeresfrau,
die schwimmt in Fluten fern.
Ob ich zu rufen ihr mich trau?
Was könnt mir Mut beschern?

 

Doch eins sind sie und Firmament.
’s gibt von Heldenhand kein Werk,
das beide mir zur Freude trennt.
Wär’s doch nur ein stolzer Berg!

 

Ach, lachte sie nur einmal mir
und gäb ein einzig Haar.
Ich müsst nicht leiden wie ein Tier
und hätt was immerdar.

 

Ihr’ Anmut mich erzittern lässt,
weil sie reinen Herzens ist.
Ihr Bild – ich halt’s für immer fest.
Dies muss reichen mir als Christ.

 

Ich wünscht, ich könnt ihr Woge sein
und gleich der sanften Flut.
Ich wollt, ich wär des Mondes Schein,
der schimmernd auf ihr ruht.

 

Ich würd nicht etwas nehmen ihr,
geben nur und ohne Kauf.
Sie möge sein ein Buch zu mir
und es hörte niemals auf.

 

Ihr Liebreiz sie mir fort nur treibt,
sodass mir Mut verrinnt.
Für immer sie in Meeren bleibt,
die meine Tränen sind.

 

 

Strandfantasien

 

Am Strand einst müßig weilend liebte ich zu lauschen,
wenn schäumend und so sanft des Meeres Fluten rauschen.
Im Urlaub wollte ich nur träg und faul dort sitzen;
allmählich ließ mich arg die Sonne jedoch schwitzen.
»Ich werd ein Bier mir an der Strandbar zapfen lassen«,
so dacht ich mir und konnt es plötzlich gar nicht fassen:
Dem Engel gleich kam eine Nixe aus dem Meere
und sagte mir, dass sie nach Bier sich sehr verzehre.
Ich fasste mir ein Herz, das rasend nur so pochte,
und lud die Nixe ein, was allzu gern sie mochte.

 

 

Die Sonne

 

Sie strahlt seit Ewigkeit
und spendet Helligkeit.
Sie schafft Behaglichkeit
und sorgt für Heiterkeit.

 

Man glaubte früher gar,
sie kreise um die Erd’.
Die Kirche hielt’s für wahr
und andres für verkehrt.

 

Sie ist der nächste Stern
und allen Lebens Quell.
Sie strahlt ihr Licht von fern
und macht die Tage hell.

 

Wenn sie zur Nacht sich senkt,
lässt niemand sie allein.
Dem Mond sie gütig schenkt
den kühlen, milden Schein.

 

Sie wirkt mit ihrm Gewicht
und hält Planeten fest.
Entfliehen könn’ sie nicht,
weil sie sie kreisen lässt.

 

Empor aus Ost sie steigt,
wenn früh der Tag beginnt.
Sich tief nach West sie neigt,
wenn spät der Tag verrinnt.

 

Sieht man zu lang hinein,
macht sie die Augen blind.
Und dennoch kann ihr Schein
so nützlich sein wie Wind:

 

Sie schenkt ein Kilowatt
dem Meter zum Quadrat,
den man zu wandeln hat
zu Strömen durch den Draht.

 

Mit allergrößtem Fleiß
erzeugt sie Energie.
Im Innern kocht sie heiß
und streiken will sie nie.

 

Sie höre niemals auf,
zur Erde gut zu sein.
Umsonst und ohne Kauf
genießt man Sonnenschein.

 

 

Die vier Elemente

 

Erde Ernten erbringt.
Erde Eichen erhebt.
Erde Elbe entspringt.
Erde Erdgas entschwebt.

 

Feuer Fische flambiert.
Feuer Funke fliegt fort.
Feuer Feuchtigkeit friert.
Feuer Fichten führn fort.

 

Laute leitet leicht Luft.
Laster Lüfte lädiern.
Lungen laden leis Luft.
Lüfte Leime liiern.

 

Wasser wundervoll weiht.
Wasser wahren will Wald.
Wolke Wasser wirft weit.
Weinend Wasserfall wallt.

 

 

Ein Traum

 

Ich bin ein kleines Vögelein
und fliege leise durch den Wind.
Ich möchte gar nichts andres sein –
so hat mir’s Schicksal halt bestimmt.
Die Winde mögen sanft mich wiegen
und lassen mich von selbst gar fliegen.
Ich sehe Wiesen, Wälder, Bäume
und flieg im Rauschen meiner Träume.
Mein Herz ist leicht und lässt mich schweben.
Ich brauche nur die Luft zum Leben.
Ich habe niemals schlimme Sorgen
und lass mich schaukeln von den Mächten.
Ich schlafe auf dem Wind in dunklen Nächten
und kenn kein Gestern und kein Morgen.
Ich rase ohne Zeit durch Sphären,
als weilte vor mir nur die Ewigkeit,
als wenn’s nur Augenblicke wären
in einer tiefen, dunklen Einsamkeit.
Ich bin ein kleines Vögelein
und schlafe auf dem Wind.
Nichts andres darf ich sein –
so hat mir’s Schicksal halt bestimmt.

 

Illustration von Gerlinde Schmüser 

 

 

Ewige Spuren

 

Deines Lebens Spuren
sind unsterblich gute.
Ewig wird man spüren
deines Herzens Güte.

 

 

Unverlorene Seele

 

Du hast unendlich viel gegeben
und keine Wege warn dir je zu weit.
Das Glück der andern war dein Streben
und dich zu opfern warst du stets bereit.
Vorbei ist nun dein tapfres Leben
und auch der letzten Tage großes Leid.
Du bleibst auf ewig unverloren
und wurdest nicht umsonst geboren.

 

 

Expansion

 

Nur von einem großen Knall
zutiefst geheimnisvoll getrieben
weitet rasend sich das All,
um sang- und klanglos zu zerstieben.

 

Alles eilt hinfort ins Nichts
wie jedes nichtige Bestreben.
Freut euch noch des warmen Lichts,
das euch die Fügung mild gegeben!

 

So golden all die Sterne schimmern –
die Welt verblasst mit leisem Wimmern.

 

 

Die Sterntaler

 

Es war einmal ein Mädchen, das litt sehr,
denn Vater und auch Mutter warn schon tot.
Und so besaß dies arme Kind nicht mehr
als nur die Kleidung und ein Stückchen Brot.

 

Zwar war das Mädchen gänzlich fromm und gut,
doch traurig wie kein andres auf der Welt.
Es fasste dennoch tapfer allen Mut
und ging mit Gottvertraun hinaus ins Feld.

 

Da kam ein armer Mann den Weg entlang.
»O gib mir was zu essen«, sagte er.
Es gab ihm Brot, weil er so hungrig klang
und nun besaß es selber keines mehr.

 

Nach einer Weile kam ein Kind heran,
das sprach: »Mich friert’s am Kopfe von dem Wind.
O gib mir was, dass ich ihn wärmen kann.«
Da tat es seine Mütze auf das Kind.

 

Dann kam ein anderes, das jammernd fror.
Das rief: »Ich hab kein Leibchen, bin so arm
und heute friert es mich wie nie zuvor.«
Es gab ihm seins und sprach: »Jetzt hast du’s warm.«

 

Und als ein Kind auch um den Rock noch bat,
da half’s ihm ebenso und gab ihn her.
Das dankte ihm für diese gute Tat
und freute lächelnd sich darüber sehr.

 

Dann ging das fromme Mädchen in den Wald
und bald schon brach die dunkle Nacht herein.
Allmählich wurde ihm es bitterkalt,
doch kam erneut ein armes Kindelein.

 

Das bat es um sein warmes Hemdlein nun
und kriegte dieses, ohne lang zu flehn.
Das Mädchen wollte stets nur Gutes tun
und dachte: »Niemand kann mich nachts doch sehn.«

 

Nun stand es gänzlich ohne Kleidung da.
Auf einmal fiel vom Himmel Stern um Stern
und jeder war ein blanker Goldtaler
und keiner lag vom Mädchen allzu fern.

 

Auch trug’s ein Hemd und das war neu und fein
und all die Wunder waren wirklich wahr.
Es packte sich die Taler dort hinein
und hatte großen Reichtum immerdar.

 

 

Hänsel und Gretel

 

Der Hänsel und die Gretel warn,
wie uns auch heute noch bekannt,
vor deutlich mehr als hundert Jahrn
ganz arm geborn in unserm Land.

 

Es litten die Geschwister sehr,
denn selten kriegten sie noch Brot.
So waren ihre Bäuche leer
und stündlich mehrte sich die Not.

 

Der Vater hatte wenig Lohn
und konnte kaum sie noch ernährn.
Da sprach die Mutter voller Hohn,
um sich beim Manne zu beschwern:

 

»So höre Mann, jetzt reicht es mir!
Du rackerst dich zu wenig ab;
wir haben kaum zu essen hier
und auch das Geld ist äußerst knapp.

 

Wir sind so schrecklich bettelarm,
die Kinder wachsen immer mehr!
Im Haus wird’s kaum noch richtig warm,
ja unser Leben ist so schwer.

 

Du bist ein Depp von einem Mann
und gibst mir selten guten Rat,
doch diesmal strengst du dich mal an
und schreitest bald mit mir zur Tat.

 

Es hat doch alles keinen Zweck,
wir sind doch hier kein Waisenhaus!
Die Kinder kommen morgen weg –
wir setzen sie im Walde aus.«

 

So sprach’s die Mutter wenig nett,
doch von den Kindern wurd’s gehört.
Sie lagen schlaflos in ihrm Bett
und beide warn zutiefst verstört.

 

Der Vater konnt sich nicht erwehrn,
denn seine Frau gab keine Ruh.
Er tat es überhaupt nicht gern,
doch stimmte er am Ende zu.

 

Die Gretel weinte vor sich hin
und Hänsel dachte emsig nach.
Es ging ihm vieles durch den Sinn,
bevor er schließlich ihr versprach:

 

»Ach Schwesterlein, verzweifle nicht,
denn Gott lässt niemanden allein!
Ich habe feste Zuversicht,
denn eben gab er mir es ein.«

 

Er stahl sich heimlich hinters Haus
und kroch im Dunkeln dort herum.
Er schlich umher wie eine Maus
und war fast gänzlich still und stumm.

 

Er kam voran nur Stück für Stück
und sammelte sich Kiesel ein.
Dann ging er leis zum Haus zurück
und rasch hinein ins Kämmerlein.

 

Die Kinder warn erfüllt von Gram,
doch sanken beide in den Schlaf.
Als morgens ihre Mutter kam,
gehorchten sie ihr dennoch brav.

 

Sie sagte laut: »Erhebt euch schnell,
wir gehen heute in den Wald!
Geschwind, es wird schon langsam hell,
so zieht euch an – heut ist es kalt!«

 

Aus Angst vorm eignen Hungertod
war äußerst geizig nun das Weib
und gab vom knappen Roggenbrot
nur jedem einen schmalen Laib.

 

Sie setzten sich zu viert in Marsch
und liefen ohne Rast und Halt.
Die Mutter kommandierte barsch
und schnell erreichten sie den Wald.

 

Der Hänsel hinkte hinterher
und blickte oft sich ängstlich um.
Sein Rocktäschlein war ziemlich schwer
und ihm nur war bewusst warum.

 

Es plumpsten heimlich Stein um Stein
die Kiesel, die er mit sich trug.
Er war zwar schmal und richtig klein,
doch für sein Alter äußerst klug.

 

Der Vater half beim üblen Spiel
und fand sogleich auch einen Ort,
der seiner bösen Frau gefiel,
und sprach nur ungern dieses Wort:

 

»Ihr Kinder, kommt mal her zu mir;
ich sag euch jetzt, was wir hier tun.
Wir machen gleich ein Feuer hier,
dann könnt ihr bald ein bisschen ruhn.

 

Weil ihr so brave Kinder seid,
bin ich auf euch so mächtig stolz.
So zeigt mir eure Nützlichkeit
und sammelt mal ein bisschen Holz.«

 

Die beiden machten sich ans Werk
und schleppten Reisig rasch heran.
Sie häuften es zu einem Berg
und schließlich steckte man es an.

 

Die Mutter sprach: »Das reicht ja kaum!
Der Vater geht mit mir gleich fort
und fällt euch einen dicken Baum«,
doch niemand glaubte ihr ein Wort.

 

»Ich weiß genau, euch ist nicht bang«,
so hieß es voller Lug und Trug,
»das dauert ja auch gar nicht lang,
denn Zeit vergeht doch wie im Flug.

 

Wir lassen euch nicht gern allein,
ihr seid doch unser größtes Glück!
So legt euch hin und schlaft schön ein,
wir kommen rasch zu euch zurück!«

 

Die Eltern ließen sie dort stehn
und türmten plötzlich blitzgeschwind.
Das war so rasend schnell geschehn
und viel zu schnell für jedes Kind.

 

Das traf die beiden wie ein Schlag,
jetzt warn sie ganz allein im Wald.
Sie saßen dort den ganzen Tag
und abends wurd es bitterkalt.

 

Das letzte Brot war schon verspeist
und bald kam Hunger noch dazu.
Sie fühlten sich total verwaist
und Hänsel nur behielt die Ruh.

 

Er sprach: »Es ist doch nichts passiert,
wir sind doch bloß im Eichenwald!
Ich hab vorhin den Weg markiert
und meine Kiesel schimmern bald.«

 

Und als der Mond gestiegen war,
begriff es seine Schwester schnell.
Gleich frisch geprägten Münzen gar
erstrahlten all die Kiesel hell.

 

Er machte rasch das Feuer aus
und dann marschierten sie schon los.
Sie fanden aus dem Wald heraus
und die Erleichterung war groß.

 

Der Morgen war erst grad erwacht,
da trafen sie zu Hause ein.
Das hätte niemand je gedacht;
die Eltern staunten ungemein.

 

Da freute sich der Vater sehr
und war nun wieder lebensfroh.
Der Mutter fiel das Jubeln schwer,
denn die war bös und tat nur so.

 

Die Kinder hatten sie genarrt,
doch viel zu früh sich schon gefreut,
denn ihre Mutter blieb ganz hart
und abends klagte sie erneut:

 

»Wir haben keine andre Wahl,
sonst bringt der Hunger uns bald um.
Gleich morgen machen wir’s noch mal,
denn alles andre wäre dumm.

 

Wir gehn in aller Herrgottsfrüh,
doch morgen lassen wir uns Zeit,
ja geben uns so richtig Müh
und laufen ganz besonders weit.«

 

So sagte sie’s in einem Wahn,
als hätt man sie mit Schnaps berauscht.
Die Kinder kannten ihren Plan,
denn wieder hatten sie gelauscht.

 

Sie dachten nur: »Oh Schreck, oh Graus,
das ist ja so verachtenswert.«
Der Hänsel wollte aus dem Haus,
doch alle Türn warn abgesperrt.

 

Zwar blieben seine Taschen leer,
doch trotzdem spendete er Mut:
»So gräm dich nicht, uns hilft der Herr
und macht am Ende alles gut.«

 

Sie wurden morgens aufgeweckt
und kriegten schnell ein karges Mahl,
dann etwas Brot noch zugesteckt,
bevor die Frau den Marsch befahl.

 

Sie mahnte, es sich aufzusparn,
weil’s nur gedacht sei für die Not.
Doch als sie auf dem Wege warn,
zerlegte Hänsel flink sein Brot.

 

Er war den Blicken ausgesetzt,
doch ließ er sich durch nichts beirrn
und waghalsig begann er jetzt,
den Weg mit Krumen zu markiern.

 

Die Gegend wurde unbekannt
und ängstigte sie immer mehr.
Beharrlich warf die Kinderhand,
doch bald warn Hänsels Taschen leer.

 

Da hatten sie nun großes Glück,
denn ihre Eltern warn am Ziel.
Dort ließ man herzlos sie zurück,
obwohl’s ihrm Vater sehr missfiel.

 

Sie machten rasch ein Feuer dort
und mussten wenigstens nicht friern,
doch war der Wald kein Kinderhort
und voll mit vielen wilden Tiern.

 

Die Mutter hatte garantiert,
man lasse sie nicht lang allein,
doch alles war nur inszeniert,
denn sie war boshaft und gemein.

 

Nachdem die Nacht gekommen war,
erschien bald auch der helle Mond,
doch warn die Krumen unsichtbar
und Hänsels List wurd nicht belohnt.

 

Zwar schienen Mond- und Sternenlicht,
doch fing er an zu resigniern,
denn all die Krumen blinkten nicht
und viele warn verzehrt von Tiern.

 

Sie hatten keine andre Wahl
und suchten jetzt den Weg nach Haus,
doch sie verirrten sich total
und kamen nicht mehr dort heraus.

 

Sie waren auf dem falschen Pfad
und jeder Schritt fiel ihnen schwer.
Sie wussten keinen guten Rat
und irrten hungrig nur umher.

 

Am dritten Tag war ’s Ende nah
und grausam drohte schon der Tod,
doch eh das Duo sich versah,
erschien die Rettung aus der Not.

 

Da staunte das Geschwisterpaar,
denn vor ihm stand ein Kuchenhaus,
und das war richtig wunderbar
und voll und ganz ein Augenschmaus.

 

Es lag im Walde gut versteckt
und schien ein süßer Traum zu sein.
Es war mit Zuckerguss bedeckt
und lud sie nun zum Festmahl ein.

 

Der Hänsel kletterte aufs Dach,
auf dem er leckren Kuchen aß,
doch Gretel war dazu zu schwach
und nahm vom Fenster Zuckerglas.

 

Sie aßen immer mehr und mehr,
denn all der Hunger ließ kaum nach,
doch da erschraken sie sich sehr,
als plötzlich jemand leise sprach:

 

»Wer knabbert hier an meinem Haus?
Vielleicht ein armes Menschenkind?
Ein Igel oder eine Maus?
Ja hör ich nur den Sausewind?«

 

Und kaum war dieses just gefragt,
da stand ein Weib schon vor der Tür.
Es war fast blind, enorm betagt
und arg entstellt durch manch Geschwür.

 

Es nahm die Kinder mit ins Haus
und stillte ihren großen Durst.
Sie schlemmten dort in Saus und Braus
und kriegten Nüsse, Obst und Wurst.

 

Die Alte war ganz mütterlich
und bettete sie dann zur Ruh.
Sie fühlten wie im Himmel sich
und schliefen friedlich ein im Nu.

 

Die Alte war jedoch nicht nett
und hatte grausig Lust auf Mord.
So schlich sie morgens an ihr Bett
und nahm den Hänsel mit sich fort.

 

Er wurd in einen Stall gebracht,
in dem so mancher Knochen lag,
doch war er noch nicht aufgewacht
und schlief den ganzen Vormittag.

 

Sie holte Gretel aus dem Bett
und sagte herzlos und brutal:
»Ach, wär der Hänsel nur schon fett
und nicht so klapperdürr und schmal!

 

Hör auf, mich dämlich anzusehn,
ich esse bald dein Brüderlein!
Du wirst gleich in die Küche gehn,
sonst schlag ich dir den Schädel ein!

 

Du kochst ihm gute Dinge dort,
so wird er richtig dick und prall.
Und hör ich je ein Widerwort,
dann kommst auch du in einen Stall.«

 

Die Alte hatte’s kaum gesagt,
da fing die Gretel an zu flehn.
Sie war wie nie zuvor verzagt
und konnte all das nicht verstehn.

 

Sie musste Hänsel gut ernährn,
der nur vom Feinsten ständig aß,
doch selber viel hinfort entbehrn,
denn sie bekam nur miesen Fraß.

 

Der Hänsel war bald fett genug
und fürchtete sich immer mehr,
doch er verhielt sich äußerst klug
und machte es der Alten schwer.

 

Nach zwanzig Tagen war er dick,
doch konnte sie’s nicht richtig sehn.
So half ihm stets ein schlauer Trick,
um seiner Schlachtung zu entgehn.

 

Denn täglich schlurfte sie heran
und sagte herzlos und gemein:
»Ich hoff, an dir ist heut was dran,
ich will dich fett und rund wie ’n Schwein!

 

So streck mir deine Finger raus,
damit ich fühl, wie fett sie sind.
Du wirst ein wahrer Gaumenschmaus,
du kleines, leckres Waisenkind!«

 

Doch was er aus dem Stalle hielt,
warn viele kleine Knöchlein bloß.
Das alles wurd nur vorgespielt
und sie war völlig ahnungslos.

 

So machte er das jedes Mal
und stets erlag sie seinem Trug.
Zwar hielt sie ihn für dürr und schmal,
doch plötzlich hatte sie genug.

 

Und sprach zu später Stund’ im Groll:
»Ob fett genug nun oder nicht,
ich hab die Nase langsam voll –
drum schlacht ich morgen diesen Wicht!

 

Ich fessle ihn mit einem Seil
und dann verliert er seinen Kopf.
Ich hol schon mal das scharfe Beil
und auch den riesengroßen Topf.«

 

Sie war erpicht, ihm wehzutun,
und spuckte höhnisch auf Moral.
»Du füllst den Topf mit Wasser nun!«,
befahl sie Gretel nun brutal.

 

Das Mädchen wurd ins Bett gebracht
und lag dort weinend ganz allein.
Es hatte eine Albtraumnacht
und wusste weder aus noch ein.

 

»Ach, wärn wir nur im Wald krepiert«,
so dachte Gretel unentwegt.
Sie jammerte zutiefst frustriert
und bis ins Mark war sie erregt.

 

Jetzt schien das Ende Hänsels nah,
denn schon war diese Nacht vorbei.
Sie schockte, was sie morgens sah,
und ihr entfuhr ein schriller Schrei.

 

Gefesselt saß der Junge dort
auf einer alten, stumpfen Bank.
Es lag das Beil zum Kindermord
schon auf dem Tisch ganz blitzeblank.

 

Doch ließ die Alte sich nicht rührn
und gab der Gretel den Befehl,
das Feuer unterm Topf zu schürn,
und grinste ständig quietschfidel.

 

So sagte sie ganz nebenbei:
»Ich mach dein Brüderlein gleich tot,
ja schlag ihn mit dem Beil entzwei
und schließlich backen wir noch Brot.

 

Juchhe! Das tut mir ja so gut!
Ich bin so freudig aufgeregt!«
Im Ofen flirrte heiß die Glut
und schon wurd ’s Brot hineingelegt.

 

Sie würde Hänsel bald verzehrn
und Gretel wusste keinen Rat.
Sie betete zu ihrem Herrn,
den sie um Rettung sehnlich bat.

 

Da rief das Weib sie zu sich her
und sprach: »Ich will das Brot schön braun,
doch leider fällt mir ’s Gucken schwer,
so bitt ich dich, mal kurz zu schaun!

 

Ich schieb dich auf dem Blech hinein,
dann kannst du sehn, wie gar es ist!«
Das Kind fiel nicht darauf herein
und trotzte dieser Teufelslist.

 

Die Gretel sagte äußerst schlau:
»Ich bin kein Kind, das schnell kapiert,
doch du bist eine weise Frau,
so zeig mir erst, wie’s funktioniert!

 

Sonst mach ich alles bloß verkehrt
und unser Brot wird gar nicht fein.«
Die Greisin fühlte sich geehrt
und Gretel schob sie prompt hinein.

 

Sie schloss die Ofentür rasch zu
und flugs geriet das Weib in Wut,
denn das war angebrannt im Nu
und starb erbärmlich in der Glut.

 

Die Gretel band ihrn Bruder los,
der knapp dem Tod entronnen war.
Die Freude war bei beiden groß
und jubelnd schrie das Kinderpaar.

 

Das Glück war ihnen weiter hold,
zumal die Tote viel besaß.
Sie fanden Perlen, Schmuck und Gold
und hatten riesengroßen Spaß.

 

Sie steckten alles sorgsam ein
und fanden auch den Weg zurück.
Ihr Vater war nicht mehr allein
und weinte leis vor lauter Glück.

 

Die Mutter war seit Kurzem tot,
doch keiner Seele tat es leid.
Man aß bald wieder gutes Brot
und war jetzt reich für alle Zeit.

 

 

Neuer Beginn

 

Der Tod ist nicht das Ende,
sondern nur Beginn von Neuem.
Der Tod ist bloß die Wende;
niemand muss vor ihr sich scheuen.

 

 

Frühling im März

 

Frühling im März? Ist er da?
Sage er nun endlich Ja!
Kann man den Kalendern traun?
Müssen Stürme ihn versaun?
Welche Macht ihn wohl geborn,
fragt man doch mit etwas Zorn.
War es gar der kühle März?
Fallt nicht rein auf diesen Scherz!
Hört! Damit’s ein jeder weiß:
Frühling ist ein Kind des Mais!

 

 

Geben und nicht nehmen

 

Liebe ist nicht nehmen,
denn man sollte geben.
Liebe ist nicht zähmen,
denn man lasse leben.
Liebe ist nicht lähmen,
denn sie möge streben.

 

 

Gewichtige Weihnacht

 

Damit ihr Weihnacht nicht verbockt,
hört bitte dies Gedicht!
Wenn ihr beim Prassen wieder hockt,
lasst stehn so manch Gericht!
Man wird gemein sehr oft verlockt
und trüb wird manch Gesicht:
Die Waage wiegt und dann geschockt –
erfährt man das Gewicht.

 

 

DDR-Haiku

 

Jahresendzeitflügelfigur –
sie stürzte
und durfte Engel sein.

 

 

Ich möchte

 

Ich möchte wie in edlen Versen in Dir lesen;
Du bist für mich der Anmut einzig schönstes Wesen.
Ich möchte nur aus Deiner Seele Träume trinken;
in Deinen Augen möchte ich schon bald versinken.
Ich möchte Dir stets gütig alles von mir geben;
Dein Glück ist mir so wichtig wie mein einzig Leben.
Ich möchte einen Weg zu Deinem Herzen finden,
auf dem sich unsre Seelen bald im Glück verbinden.
Ich möchte Deine Haare einzeln alle zählen;
ich wünscht, ich dürft nur eines haben und mir wählen.
Ich möchte ewig Dich als Hauch von Luft umwittern;
Dein schönes Wesen lässt vor Liebreiz mich erzittern.
Ich möchte sehr, dass unsre Seelen sich bald einen
und wir vereint in tiefem Glücke selig weinen.
Ich möchte Deine Gunst für alle Zeit erwerben
und bin bereit, für Dich aus Liebe auch zu sterben.
Ich möchte nicht nur irgendeine Frau verehren,
ich muss bei Tag und Nacht mich nur nach Dir verzehren.
Ich möchte bei mir nah gern Deinen Atem spüren
und dass mich Deine zarten Hände sanft berühren.
Ich möchte schwere Lasten hilfreich für Dich tragen
und will nach Deinem Wunsche alles für Dich wagen.
Ich möchte sanfte Blicke stets mit Dir nur tauschen
und mag den Klängen Deiner schönen Stimme lauschen.
Ich möchte gerne Deine Gunst für mich erringen –
ein Traum würd wahr und ließe mich vor Freude singen.
Ich möchte Dich von Not und Elend gern befreien
und meines Lebens Sinn und Taten Dir nur weihen.
Ich möchte mutig Dich vor Unheil stets bewahren
und selbst in größter Not zur Hölle dafür fahren.
Ich möchte nicht mehr leiden unter all den Schmerzen,
die Deine Schönheit tief vergräbt in meinem Herzen.

 

 

Lieber Liebe ohne Triebe als Triebe ohne Liebe

 

Warum spricht man von Liebe,
wenn sie kein bisschen wahr ist?
Was nützen all die Triebe,
wenn keine Liebe da ist?

 

Zum Spaß genießt man Triebe,
zur Ware werden Triebe,
doch tollster Spaß der Triebe
ist nichts zur wahren Liebe.

 

 

Mehr als nur Triebe

 

Die simplen Triebe
beglücken sehr,
doch wahre Liebe
tut’s umso mehr.

 

 

Gute und schlechte Freunde

 

Bist du reich und toll,
ist deine Bude voll.
Geht’s dir plötzlich mies,
wird oft sie zum Verlies.

 

 

Lange an Wangen prangende Schlangen

 

Man muss schon lange bangen,
bis Retter Zangen langen,
wenn äußerst lange Schlangen
an beiden Wangen prangen.

 

 

SKT

 

Q
KC
NT

ND

 

 

Lebenseinstellung (Neufassung)

 

Gönn das Glück des Lebens dir.
Mach dir keine Sorgen.
Lebe nur im Jetzt und Hier.
Denke nicht an morgen.

 

 

Kostbarer Augenblick

 

Vergangnes darf den Menschen nicht verdrießen,
da’s ihm zu ändern keinesfalls gelingt.
Die Zukunft lässt sich nicht sogleich erschließen
und selten ist gewiss, was sie erbringt.
Man kann den Augenblick nur jetzt genießen,
indem man dankbar ihn sofort verschlingt.
Denn zwischen dem Vorhin und Bald zu leben
ist einzig das, was wirklich ist gegeben.

 

 

Attitude to Life

 

Give no chance to the sorrow.
Enjoy your life free of fear.
Do not think of tomorrow.
Live all the time now and here.

 

(attitude to life = Lebenseinstellung; give = geben; no = kein; chance = Chance; to = zu; the = der, die, das; sorrow = Sorge, Traurigkeit; enjoy = genießen; your = dein; life = Leben; free = frei; of = von; fear = Angst; do = tun; not = nicht; think = denken; tomorrow = morgen; live = leben; all the time = die ganze Zeit, immer; now = jetzt; and = und; here = hier)

 

 

Menschlicher Mond

 

Er ist des Mensch’ Kopie,
denn Seiten hat er zwo:
Beglückt die dunkle nie,
so macht die helle froh.

 

 

Ohne dich

 

Nur aus dir strahlt mir der Schein
vom Glückseligkeitslicht.
Ohne dich könnt ich zwar sein,
doch ich möchte es nicht.

 

 

Scheiben einschmeißende Glaser und Ähnliches

 

Der Feuerwehrmann, der zündet rasch die Hütte an
und sagt: »Da muss man mit ’nem C-Rohr ran.«
Der Pastor ruft: »Es geht nicht ohne Gott!«,
und klappert mit dem Klingelpott.
Der Koch versalzt die Nudel,
der Ober bringt sogleich den Sprudel.
Der Schnüffler schickt den Männern von schlimmen Ludern Briefe,
ob man ihn zur Überwachung denn nicht riefe.
Der Sinologe tönt: »Chinesisch wird bald wichtig.
Kommt zu mir und lernt es richtig!«
Dem Tüftler neue Apparate zur Rasur gelingen,
bei ihm gibt’s auch die extra Klingen.
So mancher Dudenboss einst schrie:
»Wir brauchen neue Regeln für Orthografie!«
Der Anwalt, der stellt Fotos in das Internet
und ist zu Fotodieben gar nicht nett.
Die Polizei, die will von schnellen Autos heut noch Fotos machen,
denn morgen will man auf der Weihnachtsfeier deftig lachen.
Der Fabrikant von Waffen brüllt: »Auranien ist ein böses Land.
Dort einzumarschieren wär doch keine Schand’.«
Der Psychiater verwirrt Patienten mit blöden Fragen,
worauf diese gegen ihre Einweisung sich zu wehren gar nicht wagen.
»Der Internet Explorer ist super«, spricht der Programmierer munter.
»Ladet meinen Browser euch damit herunter!«
Der Verleger sagt: »Du schreibst gar exzellent.
Ich brauch ’nen Vorschuss auf den Druck, zumal dich keiner kennt.«
Der Boxer leiht dir’s Mädelein
und schlägt dir dann die Fresse ein.

 

 

Scherz und Schmerz

 

Ein guter Scherz
erfreut das Herz,
doch blöder Terz
führt bloß zu Schmerz.

 

 

Schöner Herbst, trauriger Herbst

 

Der Herbst ist da mit seinem Rauschen,
das wirbelnd, kühl und nass manch Baum entblößt.
Wer wollte jetzt danach nicht lauschen,
wenn gegen hartes Glas manch Nase stößt?

 

Der Herbst ist schön für all die Seelen,
zu denen Mensch und Los recht nobel sind.
Wenn einem Heim und Heil nicht fehlen,
dann darf man sich erfreun am Regenwind.

 

Der Herbst erweckt der Sehnsucht Klagen;
wohl dem, der sich verliebt und Wärme hat,
und wehe dem, der muss entsagen,
dem findet bunter Herbst im Leiden statt.

 

 

Unsterblichkeiten

 

Böte man Unsterblichkeiten mir.
Gold und Prunk und jemand mächtig sein.
Nichts und niemand scheidet mich von dir.
Ewig schlägt mein Herz für dich allein.

 

 

VHS-Gag

 

Die Mutter wollte schlauer werden,
um nicht als Dumme noch zu sterben.
»Ich gehe hin«, so sprach sie willig,
»zur VHS, denn die ist billig.«
Es galt, die VHS zu suchen,
um dort ’nen guten Kurs zu buchen.
Sie ging nun fröhlich aus dem Hause
in einer wohlverdienten Pause.
Wo Lettern »VHS« so prangen,
dort wollte sie ’n Programm verlangen.
Beim Suchen musste sie sich schinden,
doch dann – da konnte sie es finden.
Die Lettern standen am Gebäude
und groß war da der Mutter Freude.
Sie ging dann rein in dies Gemäuer
und plötzlich war’s ihr nicht geheuer.
Da standen Leut’ herum und guckten
und gar im Takte viele zuckten.
Der Mutter wurde flau im Magen
und trotzdem musste sie nun sagen:
»Ich möcht ’ne VHS-Broschüre,
denn ›VHS‹ steht an der Türe.«
Vor Lachen musste man sich biegen
und nicht mehr ein man konnt sich kriegen.
Musik und Boxen sie verkaufen,
sie habe tüchtig sich verlaufen.
Die Mutter ging dann aus dem Laden
und hörte noch die Freud’ am Schaden.
Des Volkes hoher Schule Zeichen
vermochten falsch sie zu beschleichen.
Die Moral von der Geschicht’:
Etiketten traue nicht!

 

 

Nostradarnus’ Prophezeiungen

 

Reprinten werden sehr doppeln.
Auditor wird Methan stöhnen.
Gebläse werden nicht hoppeln.
Walker wird niemals entwöhnen.

 

Diplomaten werden selchen
und Federweiße wird rappeln.
Vielheit wird bohnern mit Kelchen.
Teerfarbe wird äußerst zappeln.

 

Fragmente werden entschneien.
Videos werden uns impfen.
Enterbrücken werden weihen.
Cäsium wird dann noch schimpfen.

 

Adjektive werden rauschen.
Gockel werden viel jagdbomben.
Popularität wird tauschen.
Liquidität wird zu Plomben.

 

Zille wird Sünde Kopf stehen
und Eldorado wird verrückt.
Querschiffe werden nun gehen
und Blau wird vom Fanal entzückt.

 

Toupets werden sodann gewürzt.
Sektionen werden ausgelacht
und Ansagen werden gestürzt.
Papierbahnen werden zur Macht.

 

(Vorhersage vom 9.10.2008 zwischen 21:00 und 22:00 Uhr MEZ
auf 51,63° nördlicher Breite und 7,22° östlicher Länge)

 

 

Heiraten

 

Man kann es gar nicht richtig fassen:
Viele Leute lassen sich trauen,
obwohl sie nicht zusammenpassen –
wie vor allem Männer und Frauen.

 

 

Unverstandene Kunst

 

Besäß manch Bild recht gute Ohren
und könnte so den Unsinn hören,
der da geschwätzt von all den Dummen,
dann würd’s vor Lachen sich wohl krümmen.

 

 

Kümmel gegen Schluckauf

 

Der Schluckauf ist ein Lümmel,
da hat man nichts zu lachen.
Es hilft ein Löffel Kümmel,
geschüttet in den Rachen.

 

 

Lottogewinn

 

Gewinnt der Otto
viel Geld im Lotto,
darf er’s nicht zeigen
und sollte schweigen.

 

 

Zehn große Politiker

 

Zehn große Politiker,
die hatten keinen Stil
und logen immer viel:
Einer ging, um zu bereun –
da waren’s nur noch neun.

 

Neun große Politiker,
die wurden mal bedroht –
sogar mit schlimmem Tod:
Einer wurde schlecht bewacht –
da waren’s nur noch acht.

 

Acht große Politiker,
die gingen in den ...
und trieben’s dort im Suff:
Einer ist dann dort geblieben –
da waren’s nur noch sieben.

 

Sieben große Politiker,
die hatten ihre Sitz’
und sprachen dort manch Witz:
Einer ging zugrund’ an Gags –
da waren’s nur noch sechs.

 

Sechs große Politiker,
die gingen in die Bar,
wo auch ’ne Tanzfrau war:
Einer schluckte ihre Strümpf’ –
da waren’s nur noch fünf.

 

Fünf große Politiker,
die gingen in die Kneip’
und füllten ihren Leib:
Einer starb vor lauter Bier –
da waren’s nur noch vier.

 

Vier große Politiker,
die warn auf einer Jacht
und sprachen über Macht:
Einen warf man zu ’nem Hai –
da waren’s nur noch drei.

 

Drei große Politiker,
die spielten Golf aus Spaß
und plötzlich dann geschah’s:
Einen traf am Kopf das Ei –
da waren’s nur noch zwei.

 

Zwei große Politiker,
die hassten sich total
und kämpften bei der Wahl:
Einer musste tot sich weinen –
da gab es nur noch einen.

 

Ein großer Politiker,
der hatte ’nen Skandal –
gefälscht hat er die Wahl:
Einer lief in sein Versteck –
da warn sie alle weg.

 

 

Zehn schöne Models

 

Zehn schöne Models,
die fanden falsches Geld
und freuten sich der Welt:
Eines musste tot sich freun –
da waren’s nur noch neun.

 

Neun schöne Models,
die sahn ’ne dicke Frau
und grinsten wie ein Pfau:
Eines hat sich totgelacht –
da waren’s nur noch acht.

 

Acht schöne Models,
die lud ein Krösus ein
und keines sagte Nein:
Eines ist dann dort geblieben –
da waren’s nur noch sieben.

 

Sieben schöne Models,
die jobbten auf ’ner Mess’
und warn dabei sehr kess:
Eines starb vor lauter ... –
da waren’s nur noch sechs.

 

Sechs schöne Models,
die schwammen in ’nem Moor
trotz eines Schilds davor:
Eines schluckten dann die Sümpf’ –
da waren’s nur noch fünf.

 

Fünf schöne Models,
die machten ’ne Diät
und Fitness am Gerät:
Eines starb dann skelettiert –
da warn sie noch zu viert.

 

Vier schöne Models,
die trieben’s oft zu doll
und dröhnten sich gern voll:
Eines starb dann völlig high –
da waren’s nur noch drei.

 

Drei schöne Models,
die zeigten sich ihrn Schmuck
und stritten dann ruck, zuck:
Eines schlug man tot aus Neid –
da warn sie noch zu zweit.

 

Zwei schöne Models,
die kamen in den Knast
und waren dort verhasst:
Eines hing man an die Lein’ –
und eins war nun allein.

 

Ein schönes Model,
das aß nicht mehr den Brei
und starb dann ohne Schrei:
Denn es schmolz zu einem Fleck –
da warn sie alle weg.

 

 

Unterflächlichkeit

 

Schau nicht nur auf Formen,
wenn du jemand kennenlernst.
Glück kennt keine Normen,
wenn du liebst mit Herzensernst.

 

 

Kleiner Muttertagsgruß (9. Mai 2010)

 

Dir verdanke ich mein Leben,
Du bist für mich die Beste.
Mehr hat niemand mir gegeben,
drum drück ich Dich ganz feste.

 

 

Vielen Dank für alles (8. Mai 2011)

 

Gestern war ein Kindertag,
morgen ist ein Kindertag,
immer ist ein Kindertag.
Heute ist auch Muttertag.

Vielen Dank für alles!

 

 

Jägerschützen und Schürzenjäger

 

Haben Männer schlechte Laune,
wärn sie Jägerschützen gerne.
Haben Männer gute Laune,
wärn sie Schürzenjäger gerne.

 

 

Aufzug oder Treppe

 

Nach oben wollen viele,
doch wer den Aufzug verlangt,
erreicht so nicht die Ziele,
die man auf Stufen erlangt.

 

 

Erfolgssucht

 

Erfolgssucht
ist eine Eigenschaft,
die mit Erfolg sucht,
was viel Eigen schafft.

 

 

Mehr sein als haben

 

Sei immer mehr
als dein Besitz,
sonst bist du leer
und nur ein Witz.

 

 

Hassgeliebtes deutsches Vaterland

 

Wo der schwarze Adler auf gelbem Grunde prangt,
wo man sich spät erst brüderlich und einig fand,
wo manche Sage sich um grüne Täler rankt,
wo der Mensch um seine zerrissne Seele bangt,
wo ’s Übermaß der Vernunft zu viel abverlangt,
wo man mit Kampfeskraft um allzu alles zankt,
wo Burgen aus Sand verharren am Meeresstrand,
wo Trägheit und Gleichmut gelten als große Schand’,
wo Hass aus Weltenschmerz wurd einst zum Teufelsbrand,
wo man Berge versetzen will mit einer Hand,
wo Größe und Ruhm man seinem Schaffen verdankt –
dort ist das hassgeliebte deutsche Vaterland.

 

 

Mit zweierlei Maß (17. Juli 2011)

 

Verdammt noch mal, verdammt!
Sauerland noch im Amt,
Guttenberg musste gehn.
Wer soll das noch verstehn?

 

 

Der jüngste Tag

 

Wir schämen uns,
dass wir die Macht der uns verliehenen Krone der Schöpfung missbraucht haben.
Dass wir nicht die Triebe, sondern sie uns beherrscht haben.
Dass das Wort »Einsamkeit« bis zum heutigen Tag existiert.
Dass wir Stärke mit Schwäche und Schwäche mit Stärke verwechselt haben.
Dass wir uns gegenseitig zu oft betrogen und belogen haben.
Dass wir es zu oft zugelassen haben, dass die Unsensiblen die Sensiblen quälen.
Dass wir nicht öfter selbstlos gewesen sind.
Dass wir das Paradies zur Utopie erklärt haben.
Wir schämen uns,
dass wir darum bitten müssen, den jüngsten Tag noch einmal zu verschieben.

 

 

Der schönste Tag im Leben

 

Wann ist der schönste Tag im Leben?
Es wär schön, wenn er denn heute wär,
es wär schön, wenn er der letzte wär,
es wär schön, wenn er gar täglich wär.
Wofür auch sollte man noch leben,
wenn das Schönste schon vergangen wär?

 

 

Wahre Worte und schöne Worte

 

Die wahren Worte sind nicht oft die schönen,
die schönen Worte sind nicht oft die wahren.
Man sollte lieber sich daran gewöhnen,
so ist man über viel sich schnell im Klaren.

 

 

Zeit ist keine Medizin

 

So mancher Schmerz ist schnell verschwunden,
doch manches Leid lässt niemanden entfliehn.
Die Zeit heilt niemals alle Wunden,
denn Zeit ist keine teure Medizin.

 

 

Stimme gegen Schlimmes

 

Bekämpf das Schlimme
und tue Gutes.
Erheb die Stimme
und sei des Mutes.

 

 

Die Malerin und ihr Bild

 

Die Tina hat ein neues Bild gemalt
und hofft, dass bald dafür ein Kenner zahlt.
Sie hängt’s schnell auf in einer Galerie;
es zeugt nun dort von ihrer Fantasie.
Sie will gleich gehn und sieht sich’s noch mal an,
da stellt sich plötzlich neben sie ein Mann.
Er denkt ein wenig nach und fragt dann laut:
»Wie würd es Ihnen gehn, wenn man es klaut?«
Verwundert blickt sie jetzt zu ihm und spricht:
»Um Gottes Willen, sagen Sie das nicht!
Zwölf Wochen hab ich mich damit geplagt,
nach all den Mühn wär ich total verzagt!«
»Ja welch Banause denn«, fragt nun der Mann
und sieht ihr Werk sich noch mal an,
»würd so ein mieses, schlechtes Bild schon klaun?
Ich würde keinesfalls darauf vertraun,
dass jemand von der Polizei es sucht.«
Nun ist die Malerin geschockt und flucht.
Er wendet sich jetzt ab und läuft schnell weg
und zitternd steht sie da vor lauter Schreck.
Es scheint, als hätt die Tina heut kein Glück,
denn kurz darauf kommt dieser Kerl zurück.
Er grinst sie an und spricht zu ihr ganz keck:
»Es tut mir leid, das war doch nur ein Gag.«
Ihr fällt ein großer Stein von ihrem Herz’,
das Ganze war wohl nur ein dummer Scherz.
»Ich wollt Sie nicht schockiern«, sagt er ihr nun.
»Die Polizei würd alles für Sie tun.
So machen Sie sich keine Sorgen, ja?
Für so was wär die Polizei doch da!«

 

 

Erstrebenswerte Geschmacksverirrung

 

Verirrung im Geschmack
ist stets ein Göttersegen,
denn Dinge ohne Lack
sind leicht sich zuzulegen.

 

 

Denken statt grübeln

 

Auch noch so langes Grübeln
befreit uns nicht von unsren Übeln.
Uns hilft nur klares Denken,
um auf den rechten Weg zu lenken.

 

 

Wir harmonieren perfekt

 

Wir sind wie die Faust aufs Auge.
Da ich als Auge nicht tauge,
ist es stets meine Faust,
die auf das deine saust.

 

 

Anschlag von Neonazis vereitelt

 

Ich hab’s als Titel in der Zeitung gelesen.
Donnerwetter, dachte ich, ich fress ’nen Besen.
Von denen hört man ja ständig schlimme Sachen.
Ich wusste gar nicht, dass die auch Gutes machen.

 

 

Der Zeigefinger und die anderen drei

 

Richt ich den Finger auf manch Leute,
mit drein ich auf mich selber deute.

 

(Alte Binsenweisheit)

 

 

Hohe Erwartungen

 

Erwarte nicht zu viel vom Leben,
sonst wird es bloß Enttäuschung geben.

 

(Alte Binsenweisheit)

 

 

Europa
 
Europa hieß da eine Maid,
die in Phönizien einst erwuchs.
Es war vor langer, langer Zeit,
da wurd sie Opfer eines Trugs.
 
Sie war umringt von lauter Gold
und wohnte im Palast sogar,
doch war das Glück ihr erst nicht hold,
obwohl ihr Vater König war.
 
Denn plötzlich kam der bittre Tag,
an dem ihr Schicksal sich entschied.
Als schlafend sie im Bette lag,
da war’s ein Traum, der ihr’s verriet.
 
Er wurd vom Himmel ihr gesandt
und nie zuvor war dies geschehn.
Der Traum verwirrte ihrn Verstand
und doch war alles klar zu sehn.
 
Zwei Frauen kamen auf sie zu
und schrien ganz laut in einem Streit,
doch beide gaben keine Ruh
und warn zum Frieden nicht bereit.
 
Recht seltsam war die Form der Fraun,
die jeweils einem Erdteil glich,
doch weckten beide ihr Vertraun
und eine nannte Mutter sich.
 
Die hatte Asiens Gestalt,
hielt kniend sie nun fest und schrie:
»Lass ab von grausamer Gewalt,
mein holdes Kind bekommst du nie!«
 
Die andre war ein fremdes Weib
und auf das edle Kind erpicht.
Sie zerrte stur an seinem Leib
und blickte sanft in sein Gesicht.
 
Die eine rief mit großem Zorn:
»Der König hat dies Kind gezeugt;
ich selbst allein hab es geborn
und liebevoll es einst gesäugt.«
 
Die Fremde riss es aus ihrm Schoß.
»Ich nehm dich mit«, so sprach sie leis,
»denn so beschied es dir das Los,
denn so geschieht’s auf Zeus’ Geheiß.«
 
Und dann verschwand sie mit der Maid.
Die Mutter blieb erbost zurück
und krümmte sich vor lauter Leid –
auf ewig war zerstört ihr Glück.
 
Der Jungfrau schien es sonderbar,
dass sie auf ihre Flucht nicht drang.
Obwohl sie eine Beute war,
wurd ihr im Herzen gar nicht bang.
 
Man hatte plötzlich sie entführt,
doch fühlte sie sich nicht gequält.
Sie wurd sogar vom Stolz verführt,
denn Zeus wohl hatte sie erwählt.
 
Wie zärtlich war des Weibes Blick,
als fest in Armen es sie hielt.
So beugte sie sich ihrm Geschick,
als wär das Ganze nur gespielt.
 
Alsbald erhellte sich der Raum,
in dem verschwitzt im Bett sie lag.
Da schreckte hoch sie aus ihrm Traum;
ihr war, als träfe sie ein Schlag.
 
Und schon vorbei war diese Nacht;
die Sonne schien ihr ins Gesicht.
Soeben war die Maid erwacht,
doch gut erholt fand sie sich nicht.
 
Europa wusste nicht so recht,
was grad mit ihr geschehen war.
Sie dachte nur: »Es war so echt,
was ich geträumt – wie sonderbar!«
 
Ihr Innres war vom Traum erbebt;
sie starrte lange vor sich hin.
Sie hatte ihn so klar erlebt
und suchte eifrig seinen Sinn.
 
Doch konnte sie ihn nicht verstehn,
denn ihr Verstand war viel zu schlicht.
Sie konnte noch die Weiber sehn,
als stünden vor ihr sie ganz dicht.
 
Sie saß nun aufrecht in ihrm Bett
und war wie nie zuvor erregt.
Sie blieb ganz steif dort wie ein Brett
und war im Geiste bloß bewegt.
 
Es war recht leicht, sie zu verstörn –
so war sie nass vor lauter Schweiß,
ihr Herz schlug schnell und war zu hörn.
Da sprach beeindruckt sie ganz leis:
 
»Wie himmlisch mag das Wesen sein,
das diese Bilder mir gesandt,
als schlummernd wie ein Engelein
in Vaters Haus ich mich befand?
 
Was war der Traum doch wunderbar!
Wer war doch gleich die fremde Frau,
die da zu mir so liebreich war
wie auch zugleich so grob und rau?
 
In ihren Armen ging’s mir gut,
doch ihre Tat war wahrlich schlecht.
Ich spürte trotzdem keine Wut;
es kam mir vor, als wär’s mir recht.
 
Ihr Zauber lässt mich nicht mehr los.
Ach, könnt sie meine Mutter sein!
Ich wünscht, ich säß noch auf ihrm Schoß
und wär ihr einzig Kindelein.
 
Ich kann mich nicht dagegen wehrn;
verwirrt ist immer noch mein Geist.
Die Götter mögen mir erklärn,
was dieser seltne Traum verheißt.«
 
Die Jungfrau kam dann bald zur Ruh
und sann auch nicht mehr weiter nach.
Sie wandte sich ihrm Leben zu
und so verließ sie ihr Gemach.
 
Sie hatte lange nachgedacht
und spürte schon den Druck der Zeit.
Geschwind wurd sie zurechtgemacht
und trug schon bald ein edles Kleid.
 
Sie roch die frische Morgenluft
und längst war ihr der Traum entrückt.
Durchs Fenster wehte Blumenduft
und rasch war sie davon entzückt.
 
Und draußen lockte Sonnenschein.
So brach sie auf mit großer Hast,
sie wollte schnell zum Nymphenhain
und lief beschwingt aus dem Palast.
 
So manche Maid schloss ihr sich an.
Sie rannten jetzt gemeinsam los.
Die Fürstin eilte flink voran.
Die Freude war bei allen groß.
 
Denn so zu tollen, machte Spaß;
sie frönten ganz der Heiterkeit.
Die Trachten rauschten durch das Gras,
denn jede trug ein Schleppenkleid.
 
Das von Europa war sehr fein.
Es war mit Bildern reich bestückt,
aus goldnen Fäden pur und rein –
so himmlisch war sie heut geschmückt.
 
Nun kam die heitre Mädchenschar
zu fünft zum kahlen Meeresstrand,
bei dem auch eine Wiese war,
die voll der schönsten Blumen stand.
 
Die Jungfraun warn davon verzückt
und schwärmten jubelnd alle aus.
Es wurden Blumen rasch gepflückt
und jede trug bald einen Strauß.
 
Man häufte dann die Blumen an
und kroch vergnügt auf allen viern,
sodass man gleich damit begann,
die schönsten gründlich zu sortiern.
 
Man weilte heut im Nymphenhain,
um all die Nymphen zu verehrn.
Man wollte äußerst fleißig sein
und sie mit Kränzen bald beschern.
 
So knüpfte jede einen Kranz,
um einen Baum mit ihm zu ziern.
So war vertieft man voll und ganz
und ließ sich noch durch nichts beirrn.
 
Sie hatten Schönes nur im Sinn
und warn von Sorgen ganz befreit.
Sie spielten arglos vor sich hin
und wie im Flug verging die Zeit.
 
Europa war Phöniziens Zier
und galt als Schönste in ihrm Land.
So weckte sie nun plötzlich Gier
und brachte Zeus um den Verstand.
 
Er war jedoch noch klug genug
und hatte einen schlauen Plan.
So setzte er auf Lug und Trug
und war davon berauscht im Wahn.
 
Er hatte dreist die Maid erkorn,
doch ihm war bang vor seiner Frau,
denn schnell ereilte sie der Zorn –
dies wusste er nur zu genau.
 
Er wollte Hera nicht verstörn
und konnte heimlich nur agiern.
Es galt, die Jungfrau zu betörn,
doch glaubte er, sie würd sich ziern.
 
Er wusste nichts von ihrem Traum
und hielt’s für schwer, sie zu entführn.
Und so erhoffte er sich’s kaum,
sie je mit Händen zu berührn.
 
Er wollte keinen Kampf und Zwist;
sein Plan war wenig rabiat.
So schwor er ganz auf eine List
und setzte um sie in die Tat.
 
Er rief den Hermes zu sich her
und dieser kam dann auch geschwind.
Er brauchte ihn nun einmal mehr,
den Gott, der schnell war wie der Wind.
 
Der hatte Flügel an den Schuhn
und war des Vaters treuer Sohn.
Er sollte etwas für ihn tun
und Zeus befahl’s in mildem Ton:
 
»Begib dich rasch zu diesem Land,
das unten links sich dort erstreckt!
Es wird Phönizien oft genannt
und ist mit Weiden reich bedeckt.
 
Sieh hin! Die Herde grast gleich dort.
Treib sie vom Berg zum Meer hinab!
Geschwind, so heb dich rasch hinfort,
so spute dich, die Zeit wird knapp!«
 
Gehorsam flog der Sohn hinweg
und tat, was Zeus ihm grad gesagt.
Er wusste nicht zu welchem Zweck,
doch hätt zu fragen nie gewagt.
 
Und stets bemüht um Vaters Heil
gehorchte er auch diesmal gern.
Er war fast schneller als ein Pfeil
und vom Olymp ein Stück schon fern.
 
Er raste in Europas Land
und fand sogleich das Vieh am Berg.
Er trieb es schleunig bis zum Strand –
und schon erledigt war sein Werk.
 
Als Hermes rasch das Land verließ,
begab sich Zeus dort selbst hinein.
Und der verschlagne Gott bewies,
wie sehr’s ihm half, so schlau zu sein.
 
Die Maid, so setzte er klug an,
die liebte Tiere und Natur.
Erschien er ihr als forscher Mann,
so ließe dies sie kalt und stur.
 
Doch wäre er von einer Form,
die seiner schönen Maid gefiel,
so nützte dies ihm wohl enorm
und brächt ihn näher an sein Ziel.
 
So kam der große Augenblick
und zeugte jäh von seiner Macht.
Als wär’s ein großer Zaubertrick,
wurd’s blitzgeschwind von ihm vollbracht.
 
Er formte sich zu einem Stier!
Dies war des Gottes größter Coup.
»Was bin ich doch ein schönes Tier!«,
so rief er laut sich selber zu.
 
Er war so edel und so fein,
er schien geeignet für den Trug.
Sein Leib war gelb von goldnem Schein,
die Wampen prangten satt am Bug.
 
Als käm er aus dem Wunderland,
schien jedes Horn wie ein Juwel.
Gedrechselt wie von Künstlerhand
warn beide glatt und ohne Fehl.
 
Ihm schwollen Muskeln stolz am Hals
und seine Augen strahlten blau.
Er wär das Prunkstück jedes Stalls
und stähl den andern Tiern die Schau.
 
Und einen edlen Stier wie ihn,
den zwäng man nicht aufs grobe Feld
und ließe ihn den Pflug nicht ziehn –
nicht ihn, den schönsten Stier der Welt.
 
Er hatte alles klug durchdacht.
So schloss er sich der Herde an
und niemand schöpfte wohl Verdacht,
worauf er gierig wirklich sann.
 
So war der Stier jetzt nicht allein
und schritt mit andern träg am Strand.
Sie warn erschöpft und litten Pein,
denn zügig warn sie weit gerannt.
 
Von Hermes rüde hergehetzt
verspürten sie ihrn trocknen Schlund.
Sie brauchten kühles Wasser jetzt,
doch das im Meer war nicht gesund.
 
Das Salz darin war wie ein Gift.
So standen durstend sie am Meer.
Sie wollten heim zu ihrer Trift,
doch jeder Schritt fiel ihnen schwer.
 
Da zog es sie zum frischen Gras,
das grün auf einer Wiese spross.
Die Tiere fanden reichlich Fraß,
doch keinen Bach, der lieblich floss.
 
Sie stampften dann zur Mädchenschar
und wurden gleich von ihr entdeckt.
Der Fürstin schien es sonderbar,
sie stand rasch auf und rief erschreckt:
 
»Seht dort! Was macht denn hier das Vieh?
Ich glaub, es hat sich arg verirrt.
Es grast auf diesem Grund doch nie,
es wirkt so müd und ganz verwirrt.«
 
Das Vieh des Königs Agenor
lief darbend und verstört umher.
Dies kam den Jungfraun seltsam vor
und es bestürzte jede sehr.
 
Fast alle Tiere liefen weg,
denn Wasser fanden sie hier nicht.
Nur rührte eins sich nicht vom Fleck
und war aufs Trinken nicht erpicht.
 
Es schien gesund und unversehrt
und glich den grad gegangnen kaum.
So schön es war und wohlgenährt,
entsprang dies Tier wohl einem Traum.
 
Die Mädchen staunten höchst gebannt
und blickten alle auf das Tier,
das fern von ihnen friedlich stand
und sich entpuppte als ein Stier.
 
Recht langsam kam er näher nun
und ging geschmeidig mit Geschick.
Als wollte er bloß Gutes tun,
war zärtlich und ganz lieb sein Blick.
 
Er hob den Kopf erhaben an
und zeigte eitel seine Brust.
Er rückte Stück für Stück voran
und dies zu sehn, war eine Lust.
 
Und schon vergessen war das Leid,
das ihnen grad begegnet war.
Der Stier vertrieb gekonnt die Zeit
und alle fanden’s wunderbar.
 
So friedvoll, wie er sich benahm,
stolzierte dort kein wildes Tier.
Anscheinend war er völlig zahm
und durch und durch ein sanfter Stier.
 
Er kam der Fürstin reichlich nah,
doch wich sie bang zurück vor Schreck.
Als wachen Geistes er dies sah,
blieb prompt er stehn auf seinem Fleck.
 
Und als er nett und brav dort blieb,
da fasste endlich sie Vertraun,
denn dieser Stier schien äußerst lieb
und konnte wie ein Hündchen schaun.
 
Sein Blick verzückte sie im Nu
und zog sie stark in seinen Bann.
So ging beherzt sie auf ihn zu
und schmiegte zärtlich sich ihm an.
 
Es regte wedelnd sich sein Schwanz,
als wär er gar ein großer Hund.
Da nahm sie ihren hübschen Kranz
und hielt ihm diesen vor dem Schlund.
 
Sie hängte ihn dann um ein Horn
und sprach, sie sei von ihm entzückt.
Da spitzte er gespannt die Ohrn
und fühlte sich total beglückt.
 
Er hatte listig längst erkannt,
wie man die Gunst der Maid gewann.
Er leckte schmeichelnd ihre Hand
und sah sie voller Sehnsucht an.
 
Sie kraulte ihn besonders zart
und ließ sich immer mehr beirrn.
Sie war zutiefst in ihn vernarrt
und küsste ihm sogar die Stirn.
 
Und sein Gebrüll, das jetzt begann,
klang fast wie eine Melodie.
Es zog die Jungfrau magisch an
und reizte ihre Fantasie.
 
Sein Hauch versüßte jede Luft,
sogar auch die im Nymphenhain.
Aus seinem Maul stieg holder Duft,
der himmlisch roch wie Götterwein.
 
Sie konnte nicht mehr widerstehn
und fiel in eine leichte Trance.
Der Stier bestimmte das Geschehn
und ließ der Fürstin keine Chance.
 
Sie wusste nicht, wie ihr geschah
und was dem Stier solch Macht verlieh.
Und eh Europa sich versah,
sank sie dahin auf ihre Knie.
 
Er hörte mit dem Brüllen auf,
doch klang’s in ihren Ohren nach.
So nahm das Schicksal seinen Lauf,
denn die verwirrte Fürstin sprach:
 
»So lasst doch diesen ganzen Kram!
Wir spielen lieber mit dem Stier.
Seht hin, er ist doch völlig zahm!
Was steht ihr rum? So kommt zu mir!
 
Er gleicht so gar nicht all den Stiern,
die ich im Leben je gesehn.
Natürlich kann ich mich auch irrn,
doch scheint’s, als würd er mich verstehn.
 
Vielleicht lässt er sich reiten gar.
Ich glaub, er trägt von uns gleich vier.
Wie wäre das doch wunderbar –
zu galoppiern auf einem Stier!
 
Er ist so stilvoll wie ein Pferd;
es kommt mir vor, als hätt er Charme.
Ich glaub, dass er mich sehr verehrt –
so zärtlich ist sein Blick und warm.
 
Ich lass ihn niemals mehr allein!
Er guckt so treu wie mancher Hund,
er ist so fabelhaft und fein,
er strotzt vor Kraft und scheint gesund.
 
Er wirkt wie ’n Mensch mit viel Verstand
und ihm fehlt einzig nur das Wort.
Erkunden wir mit ihm das Land;
nun kommt, wir reiten auf ihm fort!«
 
So sprach’s die Fürstin ganz vernarrt.
Die andern standen bloß herum,
warn alle wie zu Stein erstarrt
und blieben vorerst gänzlich stumm.
 
Sie nahm den Rest von ihrm Geflecht
und schmückte ihren Freund noch mehr.
Dies schien dem Stier nur allzu recht
und freute ihn auch diesmal sehr.
 
Er lud sie nun zum Reiten ein
und legte brav sich vor ihr hin.
Nichts konnte für sie schöner sein,
nichts andres hatte sie im Sinn.
 
Er streckte seinen Rücken lang
und sein Gebrüll erklang erneut.
Den andern wurd ein wenig bang,
doch schien die Fürstin höchst erfreut.
 
Europas ganzer Anhang schwieg
und griff in keiner Weise ein.
Als lächelnd sie ihn dann bestieg,
blieb sie auf ihrem Stier allein.
 
Das Tier stand gut ihr zu Gesicht
und schien so edel wie ihr Blut.
So übte gern ihr Tross Verzicht
und hatte auch nicht ihren Mut.
 
Sein Rücken glänzte gelblich hell
so wie der Mond in mancher Nacht.
Sie sackte sanft ins weiche Fell
und war entzückt von all der Pracht.
 
Das Glück schien ihr wahrhaftig hold,
doch ihr verbarg sich noch der Trug.
Genauso war’s von ihm gewollt,
denn listig war sein Plan und klug.
 
Sie hielt das Ganze für ein Spiel
und war schon fast in seiner Hand,
doch war er längst noch nicht am Ziel
und immer noch in ihrem Land.
 
Zunächst schritt er noch äußerst sacht
und ging den Weg, den sie ihm rief.
So keimte anfangs kein Verdacht,
da er total gehorsam lief.
 
Doch dann war sie ’s Befehlen leid
und ließ ihrn Stier ganz frei spaziern,
denn sorglos dachte bloß die Maid:
»Was kann da Schlimmes schon passiern?«
 
So lief der Stier, wie’s ihm gefiel,
und wollte offenbar zum Strand.
Sie akzeptierte jedes Ziel,
wo immer es sich auch befand.
 
Sie saß auf ihrem Stier bequem
und hatte riesengroßen Spaß,
doch bald schon gab es ein Problem
und eh sie sich versah, geschah’s.
 
Der Stier erhöhte seinen Schritt
und galoppierte wie ein Ross.
Die andern kamen nicht mehr mit
und so düpierte er ihrn Tross.
 
Es wehten wild ihr Kleid und Haar,
denn viel zu schnell lief da ihr Stier.
Sie sah sich plötzlich in Gefahr
und blieb mit Müh nur auf dem Tier.
 
Sie waren schon am kahlen Strand
und bis zum Wasser war’s nicht weit.
Er stampfte jetzt auf feinem Sand
und weiter wankte bang die Maid.
 
Er rannte plötzlich in das Meer
und schwamm mit seinem Raub hinweg.
Die edle Jungfrau staunte sehr
und kannte weder Sinn noch Zweck.
 
Sie wünschte sich, er nähm ein Bad
und schwämme bald mit ihr zurück
und alles, was er eifrig tat,
geschähe nur zu ihrem Glück.
 
Ihr Tross erreichte nun das Meer,
doch niemand sprang beherzt hinein
und schwamm der Fürstin hinterher.
Man fing bloß hilflos an zu schrein.
  
Die Jungfraun winkten ganz verstört,
doch drehte dieser Stier nicht bei.
Ihr Flehen wurde nicht erhört
und so verhallte ihr Geschrei.
 
Und als Europa sie noch sah,
verging ihr rasch die ganze Lust,
denn was so schlimm mit ihr geschah,
wurd ihr auf einmal voll bewusst.
 
Sie sah sich schmählich reingelegt,
doch war’s zu spät, als sie’s begriff.
Sie schrie vor Angst ganz aufgeregt
und er fuhr fort nur wie ein Schiff.
 
Er raubte sie ihrm Vaterland
und jetzt begann für sie die Qual.
Sie blickte noch zum Meeresstrand
und sah ihn da zum letzten Mal.
 
In ihr Gewand blies Meereswind,
als wär’s ein buntes Segel gar.
So fuhr hinweg das Königskind,
dem nie zuvor so bange war.
 
Sie war im Schwimmen nicht geübt,
doch er schwamm schnell wie ein Delfin.
So schluchzte ständig sie betrübt,
denn sie vermochte nicht zu fliehn.
 
Sie war umringt vom Mittelmeer
und saß da ohne Speis und Trank.
Ihr Herz wurd krank und sorgenschwer,
als bald die Sonne vor ihr sank.
 
Und auch bei voller Dunkelheit
ging’s weiter ohne Rast und Halt.
Sie fühlte tiefe Traurigkeit
und dann wurd ihr noch bitterkalt.
 
Noch griff sie kräftig um ein Horn,
doch langsam wurd sie müd und schwach.
In ihr entkeimte großer Zorn
und hielt so eben sie noch wach.
 
Europa wurde gar nicht nass,
da er das Meer geschickt durchschnitt.
Sie fühlte dennoch großen Hass,
da sie genug schon auf ihm litt.
 
Da sah sie in der Ferne Licht
und wusste gleich, woher es kam.
Es strahlte schwach ihr ins Gesicht
und dämpfte kurz nur ihren Gram.
 
Gesäumt von gelbem Fackelschein
lag ihr zur Rechten Zyperns Strand.
Sie wünschte sich, nun dort zu sein;
der Stier jedoch ging nicht an Land.
 
Der Fürstin half auch kein Geschrei,
denn das Gestade war zu fern.
Er schwamm dort einfach stur vorbei,
als würd ihr Leid ihn gar nicht schern.
 
So darbte sie als seine Fracht
und ihre Hoffnung schien gering.
Sie fror auf ihm die ganze Nacht,
die quälend langsam nur verging.
 
Allmählich klärte sich ihr Blick,
denn endlich kam der neue Tag.
Die Sonne schien ihr ins Genick,
als sie erschöpft auf ihm nun lag.
 
Er trug sie immer weiter fort,
als triebe er ein böses Spiel.
Ihr half kein Weinen und kein Wort;
er schwamm dahin, wie’s ihm gefiel.
 
Es stieg die Sonne Stück für Stück;
bald rann ihr überall der Schweiß.
Sie wünschte sich die Nacht zurück,
denn langsam wurd ihr mächtig heiß.
 
Sie wurde arg vom Durst geplagt
und gegen Mittag litt sie schwer.
»Schon bald«, so dachte sie verzagt,
»verdurste ich und stürz ins Meer.«
 
Fast jeder Knochen tat ihr weh;
die Hitze dörrte sie ganz aus.
Sie hasste längst die hohe See
und wünschte sich, sie wär zu Haus’.
 
Als dann der Abend endlich kam,
tat ihr der kühle Wind recht gut.
Und als sie Vogelsang vernahm,
erwuchs in ihr gar neuer Mut.
 
So hob sie mühevoll ihr Haupt
und sah vor sich ein fremdes Land.
Sie hatte dies nicht mehr geglaubt
und traute kaum noch ihrm Verstand.
 
Europa hatte es geschafft –
sie traf am Ufer lebend ein.
Sie hatte nicht einmal die Kraft,
aus purer Freude kurz zu schrein.
 
Er lief zu einem klaren Bach
und ließ die Jungfrau endlich gehn,
doch fühlte sie sich äußerst schwach
und konnte kaum noch aufrecht stehn.
 
Sie war gerettet vor dem Tod
und sackte müd auf ihre Knie.
Vom Schicksal allzu sehr verroht
soff gierig sie wie manches Vieh.
 
Sie trank so viel wie nie zuvor
in einer solch geringen Zeit.
Da blickte kurz die Maid empor
und sah kein Tier mehr weit und breit.
 
Stattdessen kam ein edler Mann,
der einem jungen Gotte glich.
Er sah die Jungfrau musternd an
und sprach zu ihr höchst feierlich:
 
»Ich bin ein Fürst des Abendlands
und Kreta ist mein Inselreich.
Du schöne Maid des Morgenlands,
du kommst fast einer Göttin gleich.
 
So heiß ich dich willkommen hier.
Ich bin zutiefst von dir entzückt
und fühle mich gewogen dir,
ja würde gern durch dich beglückt.
 
Denn eine Maid von solchem Leib
benötigt einen reichen Herrn.
Ich wünsch mir dich als neues Weib
und glaub, du kannst mir’s nicht verwehrn.«
 
Sie war noch längst nicht bei Verstand
und akzeptierte diese Schmach.
Sie gab ihm ihre zarte Hand,
womit sie sich nun ihm versprach.
 
Dies fiel der stolzen Maid nicht leicht,
doch ihre Not war viel zu groß.
So hatte Zeus sein Ziel erreicht
und so erfüllte sich ihr Los.
 
Er sprach: »Du kannst mir voll vertraun
und solltest jetzt ein wenig ruhn.
Ich werde morgen nach dir schaun
und habe heute noch zu tun.«
 
Nach diesen Worten ging er fort
und ließ die Fürstin ganz allein.
Sie fand bald einen sichren Ort
und schlief dort augenblicklich ein.
 
Am nächsten Morgen wurd sie wach,
doch gut erholt fand sie sich nicht.
Sie ging zu einem nahen Bach
und wusch sich flüchtig ihr Gesicht.
 
Sie bäumte sich dann tapfer auf
und lief am Bach erst hin und her.
Sie folgte schließlich seinem Lauf
und schnell erreichte sie das Meer.
 
Sie suchte nun ihr Heimatland
und sandte weite Blicke aus
und dort, wo grad die Sonne stand,
erhob sich fern ihr Vaterhaus.
 
»O Vater«, rief sie ganz verstört,
»ich bringe dir nur Sorgen ein.
Du bist mit Fug und Recht empört;
ich bin’s nicht wert, dein Spross zu sein.
 
Weil ich die Pflicht frivol vergaß,
bleib ich für immer dir verlorn.
Ich wollte bloß ein wenig Spaß
und stehe hier jetzt voller Zorn.
 
Ich schlimme Tochter war so dumm
und ließ mich von dem Stier beirrn.
Ich ritt auch noch auf ihm herum
und ließ beschämend mich düpiern.
 
Was war das für ein schlimmer Wahn,
dem ich so sorglos da verfiel?
Was hab ich bloß dem Stier getan,
dass er mich wählte für sein Spiel?
 
So ist doch schuld nur dieses Vieh!
Es hat mich allzu bös versucht,
ja es betrieb wohl auch Magie –
so sei auf ewig es verflucht!
 
Ich kann doch wirklich nichts dazu
und war auch immer äußerst brav.
Ich legte lieblich mich zur Ruh,
doch ’s Übel packte mich im Schlaf.
 
Ein Traumbild neckte meinen Geist
und brachte mich um den Verstand.
So bin ich um die Welt gereist
und kam in dieses fremde Land.
 
Wie könnte es auch möglich sein,
dass mich ein Untier dreist verführt
und mich am Tag bei Sonnenschein
vor aller Augen kühn entführt?«
 
Sie stand allein in einer Bucht
und fühlte dennoch sich bedroht.
So dachte sie an eine Flucht,
doch sah sie nirgendwo ein Boot.
 
Um sich dem Fürsten zu entziehn,
empfahl sich ihr nur ein Versteck.
Sie wollte eisern ihm entfliehn
und rannte kopflos einfach weg.
 
Sie duckte zwischen Felsen sich
und trotzte so dem Edelmann.
Sie fühlte sich ganz unglücklich
und fing beinah zu schluchzen an.
 
Sie sagte sich, sie träume bloß,
und kniff sich kräftig in ein Ohr,
doch schmerzte dies so gnadenlos,
dass sie die Hoffnung ganz verlor.
 
Gezwängt in eine Felsenkluft
schien sie dem Tode schon recht nah.
So rang sie fast um Atemluft,
als sie die Felsen sich besah.
 
Sie wünschte sich in ihrer Qual,
sie läg verblichen schon im Grab,
denn ihr erschien zutiefst real,
was dort beklemmend sie umgab.
 
Die Klippen standen schroff und starr,
das Meer ertoste schauerlich.
Dies neue Land schien ganz bizarr,
so völlig fremd und unheimlich.
 
»O Vater«, rief die Jungfrau nun,
»noch nie war größer meine Not.
So kann ich nur noch eines tun –
ich wähle ehrenvoll den Tod.
 
Ach, brächte man mir dieses Vieh!
Ich würde es zerfleischen dann,
ja grausam wüten wie noch nie
und fing dabei zu jubeln an.
 
Ich risse ihm die Hörner aus
und grillte es am Spieße mir.
Es wäre mir ein Freudenschmaus
und fort wär dieses Unglückstier.
 
O nein, hinweg mit all der Wut!
Sie ändert nichts an meinem Leid.
Der ganze Zorn tut mir nicht gut
und schickt sich nicht für eine Maid.
 
Als Frau, die edlem Blut entstammt,
denk ich doch nicht mehr länger nach.
Ich würd von Vater nur verdammt,
ließ ich mich ein auf eine Schmach.
 
Zu groß wär meine Seelenpein,
verschenkte ich mich diesem Mann.
So bleibt mir nur dies Felsgestein,
die ganze Zeit schon zieht’s mich an.
 
Ich spring von dort ins tiefe Meer,
das mich auf ewig dann verschlingt.
Zwar fällt mir dies wohl ziemlich schwer,
doch tu ich’s, weil’s die Not erzwingt.
 
Zu edel ist mein Jungfraunleib,
mir bleibt auch keine andre Wahl.
Ich dien ihm nicht als Nebenweib
und niemals wird er mein Gemahl.
 
Ich gebe mich so leicht nicht her
und möchte keine Sklavin sein.
Da stürz ich lieber mich ins Meer
und klettre gleich aufs Felsgestein.«
 
Da stieg die arme Maid hinauf
und blickte angstvoll in die Flut.
Sie hielt sich viel zu lang dort auf
und so enteilte ihr der Mut.
 
Sie traute ihren Augen nicht,
als plötzlich Aphrodite kam,
und traute auch ihrn Ohren nicht,
als sie verblüfft ihr Wort vernahm:
 
»Ich grüße dich, du edle Maid;
wie schön, du bist nun endlich hier!
Selbst ich erblasse fast vor Neid,
du bist der Anmut höchste Zier!
 
Der Stier, der deine Gunst erschlich,
das war der Zeus im Liebeswahn!
Doch schuldig bin im Grunde ich,
ja ich hab dir dies angetan.
 
Ich habe dir den Traum gesandt
und ihn in dich verliebt gemacht.
So kam er in dein Vaterland
und hat dich schnell mir hergebracht.
 
So nimmt dein Schicksal seinen Lauf
und alles wird am Ende gut.
Der neue Erdteil nimmt dich auf
und schenkt dir neuen, frischen Mut.
 
Der große Zeus hat dich erkorn
als Gattin für die Ewigkeit.
So lass doch endlich deinen Zorn
und deine tiefe Traurigkeit!
 
Du bist die Sonne in der Nacht
und hast dem Abendland gefehlt.
Durch dich erblüht’s zu neuer Pracht;
sei du die Frau, die es beseelt!
 
Vorüber ist dein schlimmes Leid,
so denk nicht mehr daran zurück!
Du wirst berühmt für alle Zeit
und ewig währen soll dein Glück.
 
So finde langsam deine Ruh,
du wunderschönes Mädelein!
Der Erdteil heißt ab jetzt wie du –
sein Name soll Europa sein.«

 

 

Was Feinde gerne hätten

 

Knips niemals aus dir selbst das Licht;
gönn’s einfach deinen Feinden nicht!

 

 

Unabänderliche Tatsachen

 

Es ist so,
wie es ist.
Mal macht’s froh,
mal ist’s Mist.

 

 

Ich bin kein moderner Lyriker

 

Ich wünschte mir,
ich wäre ein
moderner Lyriker,
doch leider bin ich
nicht intellektuell genug,
um bedeutsame Meisterwerke
der modernen Lyrik zu verfassen.

 

Wie schön wäre es doch,
wenn ich ohne
verpönte Reime
innerhalb kürzester Zeit
einen ganzen Lyrikband
füllen könnte,
doch bin ich im
Gegensatz
zu modernen Lyrikern
nicht so vernarrt in
die Absatzmarke,
nicht so verliebt
in die Buchstaben
umschlingende
Leere.

 

Ich weiß,
manchmal ist
weniger mehr,
aber müssen deshalb
mehr Bäume
gefällt werden?

 

Da bleibe ich
doch lieber
bei meinen langweiligen
Reimen
und hoffe,
dass sie der
Absatzmarke
würdig sind.

 

Ich hätte diesen Text
auch
in Prosa
schreiben können,
doch sähe er dann
nicht aus
wie ein Gedicht.

 

Darauf kommt es offenbar an.

 

 

Nur ein Quadratmillimeter

 

Ich bin ein Quadratmillimeter
auf dem Fußballplatz.
Ich bin nicht im Mittelpunkt,
nicht einmal in der Nähe des Mittelpunktes.
Ich bin unbedeutend.
Ich bin irgendwo im Niemandsland.
Ich bin ein Mensch.

 

 

Hinweis: Die Gedichte sind rechtschreibgeprüft und müssten im Großen und Ganzen nahezu fehlerfrei sein. Buchstaben, die auf der Gratisgedichte-Seite zwecks Hervorhebung GROSSgeschrieben sind, erscheinen auf dieser Seite kursiv. Bei der Apostrophierung in meinen Texten halte ich mich nicht an die (für mich absurde) Empfehlung, bei Verbindungen von Verben, Pronomen oder Konjunktionen mit dem Pronomen »es« den Apostroph wegzulassen, wodurch aber kein Fehler entsteht. Ich schreibe also beispielsweise nicht »Wie gehts?«, sondern nach wie vor »Wie geht’s?«. Ansonsten halte ich mich an im Duden empfohlene Schreibweisen.

 

© Arne Arotnow (von Elfie Nadolnys Gedicht abgesehen)